Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

1088 Die Geschichte der griechischen Philosophie. 
Einwirkung auf die Götter durch allerhand Zeichen und Worte: eine 
solche Einwirkung ist Theurgie, die Wirksamkeit göttlicher Kräfte 
und durch dieselben, welche den Lauf und Zusammenhang der Natur 
durchbricht und aufhebt, ist Magie. Von dieser Seite betrachtet, ist 
die Lehre Plotins und die neuplatonische Philosophie überhaupt 
theurgisch, sie ist magisch und im Sinn der heidnischen Volks 
religion wundergläubig und abergläubisch. 
Mit diesem Götterglauben hängt genau zusammen, daß Plotin 
von der Schönheit des Kosmos und der Sinnenwelt erfüllt ist und 
darum die Weltverachtung der Gnostiker tadelt und verwirft (Eu. II, 9). 
Die antichristliche und antignostische Gesinnung gehört zu den histor 
ischen Charakterzügen seiner Lehre. 
Alle diese Züge sind in dem Systeme Plotins begründet, nach 
welchem ewige und göttliche, von oben herab wirksame Kräfte es sind, 
welche die Welt bilden, beseelen, allgegenwärtig sind und sich als solche 
bethätigen. Hieraus folgt jener verborgene, mystische und magische 
Zusammenhang der Dinge, welcher höher und mächtiger ist, als der 
materielle. Dieses System ist in seinen Grundanschauungen pantheistisch 
und emamatistisch. Das Urwesen oder Gott ist das Eine und Gute: 
diese Bestimmung ist platonisch. Aber Gott ist so erhaben, daß er 
durch keine Prädicate gefaßt, durch keinen Namen genannt werden 
kann, er ist höher als die Einheit, besser als das Gute, ausschließend 
alle Unvollkommenheit, darum alles Streben, darum alles Denken und 
Wollen, er ist jenseits des Besten (lirsxeiva ta» apoatwv): diese Be 
stimmung ist nicht platonisch, sondern neuplatonisch. 
Gott ist die Urquelle des Lichts und des Lebens, welche in ihrer 
Fülle und Ueberfülle unvermindert bleibt, während ihr die Licht- und 
Lebensströme entquellen, welche den abwärts gerichteten Stufengang 
der Welt bilden. Die Läuterung und Vereinfachung, die Entsinn- 
lichung und Entrückung oder Ekstase der menschlichen Seele ist die 
Rückkehr zu Gott und vollendet den Stufengang der Emanationen zu 
einem Kreislauf des göttlichen Lebens. In diesem System herrscht 
ein beständiger Zusammenhang zwischen Gott und Welt, zwischen der 
intelligiblen und sinnlichen, der geistigen und materiellen Welt, weshalb 
Hegel mit Recht sagt, daß Plotin in Ansehung des Weltalls mehr 
aristotelisch als platonisch gesinnt war. 
Das zweite göttliche Wesen, die erste Emanation aus der Urgott- 
heit, zugleich der Hervorgang aus dieser (rcpdoSoc) und die Rückwendung
	        
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