Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die griechisch-römische und die alexandrinische Philosophie. 1087 
Der erste Begründer dieser letzten Philosophenschule des Alter 
thums war Ammonius Sakkas (der Sackträger) in Alexandrien, 
welcher selbst keine Schriften verfaßt und seinen zahlreichen Schülern, 
unter denen Longinus und Origines waren, die Aufzeichnung seiner 
Lehren verboten hat. 
Der litterarische, darum eigentliche Begründer der neuplatonischen 
Philosophie ist Plotin aus Lykopolis in Aegypten (205—270 n. Chr.), 
der elf Jahre hindurch den Ammonius in Alexandrien gehört (232 
bis 243), dann zur Ergründung der persischen und indischen Religion 
den Kaiser Gordian auf seinem persischen Feldzuge begleitet und nach 
dessen unglücklichem Ausgange sich nach Rom begeben, wo er seine 
Schule eröffnet und geleitet hat (245—270 n. Chr.). In den letzten 
sechszehn Jahren seines Lebens (254—270) hat er seine Lehre in 
54 Büchern niedergeschrieben, welche sein bedeutendster Schüler Por- 
phyrius in sechs Enneaden eingetheilt und herausgegeben hat. Plotin 
hatte 21 Bücher verfaßt, als Porphyrius zu ihm kam (264 n. Chr.). 
Plotin hatte seine Lehrthätigkcit in Ron: eben begonnen, als das 
tausendjährige Jubiläum der Stadt ein Jahr lang gefeiert wurde 
(247 n. Chr.). Der Kaiser Gallienus wollte ihm eine Stadt in 
Campanien schenken, um dort den platonisches: Staat zu errichten 
(Platonopolis); glücklicherweise ist dieser ungereimte Plan nicht aus 
geführt worden: der platonische Staat mitten in dem römischen Kaiser 
reiche, das sich schon dem Untergange zuneigt!^ 
Der Grundzug der Lehre Plotins ist religiös, nicht bloß die 
Vereinigung der Seele mit Gott, sondern ihr Aufgehen in ihm, nicht 
mehr die Unerschütterlichkcit des Willens, sondern das Hinausgerückt 
sein über alles eigene Wollen und Denken, nicht mehr der Zustand 
der Ataraxie, sondern der Zustand der Ekstase <Har«M?) und Verein 
fachung der Seele (a;tXwaig). Dieses Endziel der Lehre Plotins ist 
mystisch. 
Plotin steht schon in bewußtem Gegensatze zu dem emporstreben 
den Christenthum und bezweckt durch seine Lehre die Läuterung und 
Wiederherstellung des griechischen Götterglaubens, des Glaubens an 
die wunderthätige Macht der Opfer und der Götterbilder, an die 
1 Ebendas. S. 82—36. Hegel sagt, es sei ungewiß, ob Origines, der Schüler 
des Ammonius Sakkas, der christliche Kirchenvater war. Ungewiß, aber höchst 
unwahrscheinlich ist, daß der christliche Origines ein Schüler des Neuplatonikers 
war; gewiß aber ist, daß der christliche Origines kein Kirchenvater war.
	        
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