Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Geschichte der griechischen Philosophie. 
Ebendas. S. 402-421. 
so ist er der wahre Herrscher, der wahre König, und es ergiebt sich 
hieraus jenes Ideal des Weisen, welches die Stoiker so gern be 
schrieben und gepriesen haben. Indessen ist das stoische Herrscherthum 
ein Königreich ohne Reich, es zieht sich aus der Welt in sich zurück 
und rettet seine persönliche Erhabenheit, aber es läßt den Weltzustand 
so, wie er ist, und verändert denselben in nichts. Marc Aurel war Herr 
der Welt und einer der besten Kaiser, die es gegeben hat; sein Sohn 
und Nachfolger Commodus war einer der schlechtesten und konnte es 
sein, ohne daß die Welt sich gerührt hat.^ 
2. Die epikureische Philosophie. 
Epikur, im attischen Dorfe Gargettos geboren, war 20 Jahre, als 
Aristoteles starb, und 36 Jahre, als er in seinem Garten zu Athen 
seine Schule eröffnete (306 v. Chr.), er hat eine sehr große Menge 
sowohl von Schriften als von Schülern, welche letztere ihm mit leiden 
schaftlicher Verehrung anhingen, hinterlassen, als er mit 71 Jahren 
starb (271 v. Chr.). Seine der stoischen durchaus entgegengesetzte 
Philosophie theilt sich auch in Logik, Physik und Ethik, nur daß die 
Logik als die Lehre von der Richtschnur oder dem Kanon der wahren 
Erkenntniß Kanonik heißt. Hegel unterscheidet Kanonik, Natur 
philosophie und Ethik, er unterscheidet die Naturphilosophie wieder in 
Metaphysik und Physik. Wie die Stoiker in voller Uebereinstimmung 
mit ihrer Welt- und Lebensanschauung die Lehre des Heraklit, so 
haben Epikur und seine Schule in gleicher Uebereinstimmung die Lehre 
des Leucipp und Demokrit wiedererneuert. Was Hegel die epi 
kureische Metaphysik nennt, ist nichts anderes als die Principienlehre 
der Atomistik. 
Das Kriterium der Wahrheit ist die sinnliche Evidenz oder die 
einleuchtende Anschaulichkeit der Gegenstände (ivapfsia). Der Weg der 
Erkenntniß geht von den sinnlichen Eindrücken oder Empfindungen, 
die uns gegeben werden und so sind, wie sie sind, zu den Vor 
stellungen, die durch Wiederholung eingeprägt, typisch geformt und 
durch Worte oder Namen dergestalt befestigt werden, daß daraus all 
gemeine Sätze und Ansichten hervorgehen. Aus diesen besteht die 
Meinung (8ö£a), welche nach der Analogie der früheren Vorgänge 
das künftige Geschehen beurtheilt und auf diese Art der Anticipationen 
(rcpoX'/^scs) ihr Wissen gründet.
	        
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