Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Philosophie der Religion. 
Schon im Fetischismus ist, wie man sieht, in der niedrigsten und 
rohesten Form vieles von dem enthalten, was auf den höheren Stufen 
der Religion in höheren, historisch entwickelten Formen wiederkehrt. 
Schon im Fetischismus keimt die Einheit des Göttlichen und Mensch 
lichen, die Menschwerdung Gottes. „Die Bestimmung, daß das Geistige 
Gegenwart hat im Menschen und das menschliche Selbstbewußtsein 
wesentlich Gegenwart des Geistes ist, werden wir durch verschiedene 
Religionen sehen, sie gehört nothwendig zu den ältesten Bestimmungen. 
In der christlichen Religion ist sie auch vorhanden, aber auf höhere 
Weise und verklärt. Sie er- und verklärt es.^ 
III. Die Religionen der Substanz oder der Natur. 
1. Die chinesische Religion oder die Religion des Maaßes. 
Der nothwendige Fortschritt, der über die Religion der Zauberei 
oder den Fetischismus hinaus- und aufwärts führt, besteht zunächst 
darin, daß die in den natürlichen Dingen wirksamen Mächte centra- 
lisirt, als die eine, alles umfassende, absolute oder göttliche 
Macht vorgestellt werden, im Gegensatze zu welcher der Mensch, das 
Subject in seiner unmittelbaren Einzelnheit sich als ein ganz nichtiges 
und ohnmächtiges Wesen erkennt. Dieser Gegensatz begründet in dem 
religiösen Bewußtsein einen Zwiespalt oder eine „Entzweiung", die 
wieder aufgehoben und versöhnt sein will, die wahre Versöhnung 
aber erst in der absoluten (christlichen) Religion erreicht. Hier 
unterscheiden sich die Religionen der Entzweiung, die eine Reihe 
von Stufen zu durchlaufen haben, und die Religion der Versöhnung. 
Die absolute Macht der Dinge ist, logisch genommen, die Sub 
stanz im Unterschiede von und im Gegensatze zu dem Begriffe des 
Subjects und der Subjectivitüt; sie ist in ihrer realen Bedeutung die 
Natur im Unterschiede von und im Gegensatze zu dem Wesen des 
Geistes. Hier unterscheiden sich die Religionen der Substanz oder 
der Natur und die Religionen des Geistes. Wird Gott gleich 
gesetzt der Macht der Dinge, dem Sein in allem Dasein, dem wahr 
haft beständigen Wesen, während alles Einzelne entsteht und vergeht, 
kurzgesagt, wird Gott gleichgesetzt der Substanz, so besteht darin der 
Pantheismus, er besteht nur darin. Die Religionen der Substanz 
oder die Naturreligionen sind daher pantheistisch und im genauen 
Sinne des Worts nur sie. 2 
1 Hegel. XL S. 308 (S. 303). — » Ebendas. S. 308-323.
	        
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