918 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst.
i Ebendas. S. 292—296.
maaß der Sylben; indem geregelten Zeitmaaß besteht die rhythmische
Fortbewegung oder das Versmaaß, eine bestimmte Verbindung von
Längen und Kürzen macht den Versfuß (Daktylus und Anapäst,
Jambus und Trochäus, Cretieus und Bacchius u. s. f.), eine bestimmte
Reihe der Versfüße macht den Vers, eine Abtheilung von Versen die
Strophe. Zur Belebung des Rhythmus dient der Accent, der Vers-
accent (Jctus), welcher in der Hebung der Sylbe durch das Versmaaß
besteht, und der Wortaccent oder die sprachliche Betonung; es gehört
zum Wohlklang, daß Vers- und Wortaccent (Versfüße und Worte)
nicht zusammenfallen, sondern ineinander greifen, wodurch gleichsam
ein Gegenstoß gegen den Versaccent und die rhythmische Modulation
ausgeübt wird. Diesen Gegenstoß macht die Cäsur und der Wort
accent.
Wie in der Musik, so vernimmt auch in der Sprache der Poesie
das subjective Innere sich selbst, es ertönt sich; das Ich aber fordert
eine Sammlung in sich, eine Rückkehr aus dem steten Fortfließen in
der Zeit und vernimmt dieselbe nur durch bestimmte Zeiteinheiten und
deren eben so bezeichnetes Anheben als gesetzmäßiges Aufeinanderfolgen
und Abschließen. Dies ist der Grund, warum die rhythmische Reihe
in Verse, diese in Strophen abgetheilt werden. „Hierher gehört z. B.
schon das elegische Versmaaß der Griechen und die alkäische und sapphische
Strophe, sowie was Pindar und die dramatischen Dichter in den
lyrischen Ergüssen und sonstigen Betrachtungen der Chöre Kunstreiches
ausgebildet haben." 1
Dem ganzen Charakter des Versmaaßes entspricht auch eine be
stimmte Weise des Inhalts. So eignet sich der Hexameter in seinem
ruhig wogenden Fortströmen für den gleichmäßigen Fluß epischer Er
zählung, in seiner Verbindung mit dem Pentameter für den Aus
druck der elegischen Empfindung, der jambische Trimeter in seinem
raschen Vorwärtsschreiten für den dramatischen Dialog, der Anapäst
für ein jubelndes Forteilen u. s. f. Die rhythmische Versification
hat ihre schönste und reichhaltigste Entwicklungsstufe in der griechischen
Poesie erreicht.
Die classischen Sprachen haben in ihrer Declination und Konju
gation einen Reichthum von Flexionsformen. In der Konjugation
werden durch Präfixe und Suffixe die Personen, Zeiten und Arten