Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

910 Die Aesthetik oder die Philosophie der schönen Kunst. 
1 Ebendas. S. 195—201. — - Ebendas. S. 201—206. 
zwischen der Melodie und der poetischen Rede ausmacht und in Ora 
torien, wie im dramatischen Gesänge ihre, eigentliche Stelle hat. Ver 
glichen mit dem Text, enthält die melodische Ausdrucksweise das 
lyrische Element, die recitativische dagegen das epische. Dadurch 
entsteht eine neue Aufgabe, welche die Vermittlung und Vereinigung 
dieser beiden Elemente fordert. Die Lösung dieser Aufgabe ist das 
musikalische Drama? 
Da nun die Musik den Text nicht bloß zu begleiten, sondern 
auch zu charakterisiren hat, so ist die Beschaffenheit desselben keines 
wegs gleichgültig, sondern wichtig, und es muß dem Musiker daran 
gelegen sein, daß der Inhalt gediegen ist. „Mit in sich selbst 
Plattem, Trivialem, Kahlem und Absurdem läßt sich nichts musikalisch 
Tüchtiges und Tiefes herauskünstcln. Der Componist mag noch so 
würzen und spicken, aus einer gebratenen Katze wird doch keine Hasen 
pastete." Der Text darf nicht allzugedankenschwer sein, wie Schillersche 
Lyrik oder die Chöre des Aeschylus und Sophokles; er sei leicht und 
mannichfaltig, gehaltvoll ohne Tiefe, poetisches Mittelgut, moralisch 
wohlmeinend, wie es die Leute gern hören. In dieser Rücksicht ist der 
oft getadelte Text der „Zauberflöte" vortrefflich. „Schikaneder hat hier 
nach mancher tollen phantastischen und Platten Production den rechten 
Ton getroffen. Das Reich der Nacht, die Königin, das Sonnenreich, 
die Mysterien, Einweihungen, die Weisheit, Liebe, die Prüfungen und 
dabei die Art einer mittelmäßigen Moral, die in ihrer Allgemein 
heit vortrefflich ist, das Alles bei der Tiefe, der bezaubernden Lieblich 
keit und Seele der Musik weitet und erfüllt die Phantasie und er 
wärmt das Herz." Für die religiöse Musik sind die alten lateinischen 
Texte der großen Messe unübertroffen. Vor Allem aber sind die 
Texte der berühmten Gluckschen Opern hervorzuheben, welche sich in 
einfachen Motiven bewegen und im Kreise des gediegensten Inhalts 
für die Empfindung halten, die Liebe der Gattin, Mutter, des 
Bruders, der Schwester, Freundschaft, Ehre u. s. f. schildern und 
diese einfachen Motive und substantiellen Collisionen sich ruhig ent 
wickeln lassen. Dadurch bleibt die Leidenschaft durchaus rein, groß, 
edel und von plastischer Einfachheit? 
Die beiden mit einander streitenden und zu versöhnenden Elemente 
sind das Melodische und das Charakteristische; jenes hat seine
	        
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