Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die germanische Welt. 
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In Folge der französischen Revolution hat der Liberalismus 
sowohl durch die napoleonischen Eroberungen als auch durch Jnsur- 
rectionen die romanischen Nationen, nämlich die römisch-katholische Welt, 
Frankreich, Spanien, Italien und in Italien Piemont, Ron, 
und Neapel erobert und überall bankrott gemacht. Die romanische 
Welt blieb durch religiöse Knechtschaft an politische Unfreiheit an 
geschmiedet. „Denn es ist ein falsches Princip, daß die Fesseln des Rechts 
und der Freiheit ohne die Befreiung des Gewissens abgestreift werden, 
daß eine Revolution ohne Reformation sein könne? „Aeußere Uebcr- 
macht vermag nichts auf die Dauer. Napoleon hat Spanien so wenig 
zur Freiheit, als Philipp II. Holland zur Knechtschaft zwingen können." 
„Hier muß nun schlechthin ausgesprochen werden, daß mit der kathol 
ischen Religion keine vernünftige Verfassung möglich ist, denn Regierung 
und Volk müssen gegenseitig diese letzte Garantie der Gesinnung haben 
und können sie nur haben in einer Religion, die der vernünftigen 
Staatsverfassung nicht entgegengesetzt ist." 1 
Oesterreich, nunmehr ein für sich bestehendes Kaiserthum, ist 
ein Aggregat von Staatsorganisationen, deren hauptsächlichste nicht 
germanisch und von den Ideen und ihrem Fortschritt ganz unberührt 
geblieben sind; es giebt in Böhmen noch Verhältnisse der Leibeigen 
schaft und in Ungarn feudale Gewaltherrn. 
England hat sich der französischen Revolution entgegengesetzt und 
einen populären Krieg mit Frankreich geführt, obwohl es durch seine 
repräsentative Verfassung, seine parlamentarische Regierung und seine 
gewohnten Volksrechte der öffentlichen Versammlungen, der Preßfrei 
heit u. s. f. eigentlich berufen war, mit der politischen Freiheitsbewegung 
in Frankreich zu sympathisiren. Aber die englische Freiheit ist ganz 
anderer Art als die französische, denn sie gründet sich auf das Gegen 
theil der Centralisation, sie besteht nicht in Abstractionen und All 
gemeinheiten, sondern in lauter Particularitätcu, Sonderrechten und 
Privilegien; die einzelnen Kreise des öffentlichen Lebens, die Kirche, 
die Gemeinden, die Grafschaften, die Gesellschaften, die Stände und 
Classen regieren sich selbst und werden nicht von oben herab regiert. 
Das Parlament regiert den Staat, es gehört zu den besonderen oder, 
richtiger gesagt, absonderlichen Freiheiten, daß man die Wahl ins 
Parlament erkaufen und die eigene Wahlstimme verkaufen darf, also 
- Ebendas. S. 538. S. 541 u. 542.
	        
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