Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

760 Die Philosophie der Geschichte. 
der seine Besonderheit erkennen soll, sondern der Mensch überhaupt 
soll sich selbst erkennen. Dieses Gebot ist für die Griechen gegeben, 
und im griechischen Geist stellt sich das Menschliche in seiner Klarheit 
und in der Herausbildung desselben dar. Wunderbar muß uns nun 
die griechische Erzählung überraschen, welche berichtet, daß die Sphinx, 
das ägyptische Gebilde, in Theben erschienen sei und zwar mit den 
Worten: «Was ist das, was Morgens auf vier Beinen gehe, Mittags 
auf zweien und Abends auf dreien?» Oedipus mit der Lösung, daß 
dies der Mensch sei, stürzte die Sphinx vom Felsen. Aber diese alte 
Lösung durch Oedipus, der sich so als wissenden zeigt, ist mit un 
geheurer Unwissenheit verknüpft über das, was er selbst thut. Der 
Aufgang geistiger Klarheit in dem alten Königshause ist noch mit 
Gräueln und Unwissenheit gepaart, und diese erste Herrschaft der 
Könige muß sich erst, um zu wahrem Wissen und sittlicher Klarheit 
zu werden, durch bürgerliche Gesetze und politische Freiheit gestalten 
und zum schönen Geiste versöhnen." 1 
Fünfunddreißigstes Capitel. 
Die Philosophie der Geschichte. 6. Die griechische Welt. 
I Die Elemente des griechischen Geistes. 
1. Das subjective Kunstwerk. 
Hegel hat die griechische Welt das Jünglingsalter der Menschheit 
genannt. Zwei Jünglinge stehen der eine im Beginn ihrer Vorgeschichte, 
der andere im Beginn der letzten Periode ihrer weltgeschichtlichen Ent 
wicklung: der erste ist Achilles, der zweite Alexander der Große. 
Die geographische Grundlage der griechischen Welt ist ganz anderer 
Art als die der orientalischen. In Griechenland giebt es keine großen 
Ströme, wie Ganges und Indus, keine einfachen Thalebenen, das 
Ganze innerhalb bestimmter, übersichtlicher Grenzen theilt sich in Land 
und Meer, in Inseln und ein inselartiges, reich gegliedertes Festland 
mit seinen Meerbusen und seiner Landenge, seinen Gebirgen, Ebenen 
und Küsten. In der ganzen geographischen Construction und Anlage 
dieser Welt herrscht der Charakter einer Vertheiltheit und Vielfältig- i 
i Hegel. 33b. IX. S. 268—270.
	        
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