Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

Die Philosophie der Geschichte. Einleitung. 739 
Die Streitigkeiten der Völker werden durch Kriege entschieden, 
die aber, da die gegenseitige Anerkennung vorausgeht und auch im 
Kriege fortdauert, nicht auf barbarische und grausame, sondern auf 
völkerrechtliche und menschliche Art zu führen sind: die bewaffnete Macht 
bekriegt die bewaffnete Macht, nicht Privatpersonen und waffenlose 
Bürger.* — „Das Verhältniß von Staaten zu Staaten ist schwankend: 
es ist kein Prätor vorhanden, der da schlichtet: der höhere Prätor ist 
allein der allgemeine an und für sich seiende Geist, der SBeltgeift." 2 
Das Forum aber, welches dieser Prätor hat, ist die Weltgeschichte: 
sie ist das Weltgericht, welches das Recht und die Schicksale der Völker 
entscheidet. Und was ist der Sinn und Zweck der Weltgeschichte? Dies 
ist die Frage, welche die Philosophie der Geschichte zu beantworten 
die Aufgabe hat. 
Dreiunddreißigstes Capitel. 
Die Philosophie der Geschichte. A. Einleitung. 
I. Aufgabe und Thema. 
1. Die Geschichtschreibung. 
Das Wort Geschichte bedeutet sowohl die großen Thaten der 
Menschheit als auch deren Erzählung und Darstellung; es bedeutet 
sowohl Geschichte (ras geatas) als Geschichtschreibung (historiam re- 
rum gestarum). Ohne Geschichtschreibung giebt es keine Geschichte. 
Hegel unterscheidet drei Arten der Geschichtschreibung: die ursprüng 
liche, die reflectirte und die philosophische. Ursprüngliche Ge 
schichtschreiber sind diejenigen, welche die von ihnen erlebte Geschichte, 
die großen Begebenheiten ihres Zeitalters oder, wenn sie große Staats 
männer und Feldherren sind, die von ihnen selbst vollbrachten Thaten 
darstellen. Solche Geschichtschreiber sind Herodot, der Vater der Ge 
schichte, Thukydides, Lenophon in seiner Anabasis; Cäsars Commentare 
sind das einfache Meisterwerk eines großen Geistes; Guicciardinis Zeit 
geschichte Italiens, in der neueren Zeit die zeitgeschichtlichen Memoiren, 
namentlich die französischen, wie die des Cardinals von Retz (die Ge 
schichte der Fronde) und Friedrichs des Großen histoire de mon temps. 3 
1 Ebendas. §§ 334—339. S. 419—427. — 2 Ebendas. § 340. C. Die Welt 
geschichte. §§ 341—360. S. 428—432. — 3 Hegel. Bd. IX. Vorlesung über die 
Philosophie der Geschichte. (S. 1-547.) S. 2-6. Vgl. S. 75 u. 76. Vgl. S. 199. 
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