Volltext: Hegels Leben, Werke und Lehre. [8. Band. Zweiter Theil] (8,2 / 1901)

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Die Wissenschaft vom objectiven Geist. 
- Ebendas. § 71. S. 110 u. 111. — 2 Ebendas. § 75. Ins. S. 112—114. 
— 3 Ebendas. §§ 77 u. 78. S. 114—116. 
thums einer anderen Person machen könnte, sondern es bandelt sich 
um die Beziehung von Willen auf Willen: „diese Beziehung ist der 
eigenthümliche und wahrhafte Boden, in welchem die Freiheit Dasein 
hat". Es handelt sich nicht um ein gemeinsames Eigenthum, sondern 
um das Eigenthum im strengen Sinne des Worts auf Grund eines 
gemeinsamen Willens, der in der Uebereinkunft freier Personen 
besteht, welche Eigenthümer sind und sich als solche anerkennen. Diese 
Uebereinkunft ist der Vertrag? 
Der Ausgangspunkt des Vertrages ist die Willkür, die Form das 
Uebereinkommen, der Gegenstand eine Sache oder die eine Sache be 
treffende Leistung. Darum ist es grundfalsch, dem Vertrage die Ehe 
und den Staat zu subsumiren. Diese Subsumtion der Ehe erklärt 
Hegel, indem er Kants Rechtslehre ansührt, geradezu für schändlich, 
obwohl auch der Ausgangspunkt der Ehe von beiden Seiten die Will 
kür, d. h. die gegenseitige Wahl ist; aber der Staat wird nicht gewählt, 
sondern die Individuen werden in ihm geboren und können willkürlich 
denselben weder sich zueignen noch seiner sich entäußern. Der Staat 
gründet sich nicht, wie man fälschlicherweise gemeint und gelehrt hat, 
auf einen Vertrag aller mit allen oder aller mit dem Fürsten und 
der Regierungsgewalt; nichts ist schlimmer und erzeugt eine so üble 
und heillose Verwirrung, als wenn Staatsrechte und Staatspflichten aus 
dem Gesichtspunkte des Privatrechts aufgefaßt und behandelt werden? 
Das Thema des Vertrages ist die Leistung, die einseitige oder 
wechselseitige. Erst durch die geschehene Leistung wird der Vertrag 
erfüllt und vollkommen, vorher ist die Erfüllung fraglich und darum 
der Vertrag selbst. Da nun Leistung und Gegenleistung sich gegenseitig 
bedingen, so kann die Erfüllung sich ins Endlose verlängern, wenn 
nicht mit dem Vertrage zugleich die Erfüllung durch eine Rechtsfvrm, 
sei es der Geberde oder der Sprache und Schrift, festgestellt wird. Diese 
Förmlichkeit ist die Stipulation? 
Was die Eintheilung des Vertrages oder seine Arten betrifft, so 
unterscheidet Hegel, indem er sich im Wesentlichen an Kant anschließt, 
zwei Hauptarten: das Object der ersten ist die einseitige, das der 
zweiten die doppelseitige Leistung; jene Art ist der formelle, diese 
der reelle Vertrag.. Im formellen Vertrage verhalten sich die beiden 
Contrahenten so zu einander, daß der eine aufhört der Eigenthümer
	        
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