Volltext: Bildhauer Adolf Wagner von der Mühl

Anterschied ausmacht, ob der Künstler 
selbst den Bronzeguß ziseliert und gra- 
viert, oder ob die Arbeit mit dem Polier- 
stahl, der Schmirgelleinwand und der 
Punze, die aus dem Rohguß erst das voll- 
endete Kunstwerk mit den zarten An- und 
Abschwellungen der Oberfläche, den spie- 
gelnden Polituren und den reizvollen Gra- 
Vierungen hervorzaubert, dem fabriks- 
mäßigen „nach dem Stück" arbeitenden 
Handlanger überlassen bleibt. Der ganz 
fundamentale Unterschied zwischen der 
Künstlerbronze und der Kommerzbronze 
basiert auf diesem Gegensatz. 
So reizend die Kleinplastiken Wagners 
sind, so ist es doch begreiflich, daß ihn 
die spielerische Freude an diesen köstlichen 
Einfällenauf die Dauer nicht zu befriedigen 
vermochte, und daß es ihn immer wieder zu 
monumentaleren, grvßplastischen Aufga- 
ben hindrängt. Die wunderschöne Gruppe 
einer jungen Mutter, die sich, sitzend, über 
das in ihrem Schoß strampelnde Kind 
beugt (Abb.) und >es in einer Gebärde voll 
zurückhaltender und behutsamer Zärtlich- 
feit mit den beiden nach vorn gestreckten 
Armen wie schützend umfängt, war nach 
langer Pause wieder einmal ein großer 
Wurf, dessen glückliches Gelingen dem 
Künstler denn auch auf der vorjährigen 
Frühjahrsausstellung des Wiener Künst¬ 
lerhauses den großen Staatspreis singe- 
tragen hat. Ott ihrer verhaltenen Innig¬ 
keit und herben Keuschheit ist diese Pracht- 
voll geschlossene Komposition vielleicht das 
Schönste und Reifste, was unserem Künst- 
ler bisher gelungen ist. Das Werk existiert 
bisher bloß im Gipsmodell und harrt noch 
der Ausführung in Bronzeguß oder in 
Holz. Welch einen wundervollen plasti- 
scheu Schmuck würde dieses hohe Lied auf 
die Mutterliebe z. B. für ein Kinderheim 
abgeben! 
Neben Thmpanvnentwürfen für den 
neuen Linzer Dom und Konkurrenzentwür- 
fen für ein Kriegerdenkmal in Gmunden 
zeigte die Ausstellung im oberösterreichik 
schen Landesmuseum an Werken aus jüng- 
ster Zeit unter anderen als besonders in- 
teressante, vom Anfang bis zum Ende vom 
Künstler eigenhändig ausgeführte Arbeit, 
das monumentale Kriegerdenkmal für 
Freistadt (Abb.), eine für eine Außennische 
der dortigen Pfarrkirche bestimmte Kupfer- 
treibarbeit in vier Stücken (1925), die ein 
gewaltiges geflammtes Schwert darstellt, 
dessen breite Klinge mit der Darstellung 
des drachentötenden hl. Georg in getrie¬ 
benem Relief verziert ist. Originell in der 
Idee und materialgerecht in der Ausfüh- 
rung, ist dieses durch und durch künstlerisch 
empfundene Stück eines der wenigen mo- 
dernen Kriegerdenkmäler, die eine wirk- 
liche Bereicherung der Kunst bedeuten. 
So sehen wir das Talent Adolf Wag- 
ners trotz der schweren Zeiten in rüstigem 
Aufstieg und in voller kräftiger Entwick- 
lung begriffen. Eine edel-fchöne Bronze- 
maske von feiner Hand (einen im Ansturm 
tödlich getroffenen, behelmten jugendlichen 
Krieger vorstellend) (Abb.) wurde als 
Denkmal für die im Weltkrieg gefallenen 
Schüler der Linzer Bundesrealschule zu 
Anfang Iuli 6.3. enthüllt — auch sie ein 
vollgültiges Zeugnis für die Edelreife, die 
Wagners Begabung jetzt erlangt hat.
	        
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