Volltext: Der Krieg der versäumten Gelegenheiten

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General Ludendorff legt in seinem Buche dar, warum in dieser Zeit nur 
das erstere in Frage kommen konnte. Es geht daraus hervor, daß die 
Oberste Heeresleitung auch das zweite erwogen hat, einen gleichzeitigen 
Angriff aus Tirol und an der Jsonzofront. AIS einzigen Grund, der dagegen 
sprach, führt General Ludendorff an, daß Deutschland die dazu erforder¬ 
lichen Truppen nicht hätte abgeben können, sondern nur 6 bis 8 Divisionen, 
die zu dem großen Doppelstoß nicht ausgereicht haben würden. Ich bin nicht 
ganz der Ansicht. Die Ostfront hätte um diese Zeit ohne weiteres stärkere 
Kräfte hergeben können, falls es von ihr verlangt wurde. Daß die Russen 
sich nochmals zu einer Offensive aufraffen würden, war nicht anzunehmen, 
das Risiko, das man lief, wenn man die Ostfront auch sehr stark schwächte, 
war nur gering. Wenn man sich vor Augen hält, wie gering die Wider¬ 
standskraft der italienischen Truppen gegen den deutschen Angriff war, so 
läßt sich der Erfolg kaum ausmalen, den man mit der großen Operation 
hätte erringen können. 
Waffenstillstand im Osten 
In Rußland nahm inzwischen das Verhängnis seinen Lauf. Der Offizier 
wurde entrechtet und abgesetzt, Soldatenräte wurden geschaffen. Mit sol¬ 
cher Vernichtung der Disziplin war die Armee erledigt, damit waren die 
Truppenteile zu bewaffneten Haufen degradiert, die irgendeinen militäri¬ 
schen Wert nicht mehr besaßen. Hand in Hand mit dem Zerfall der Armee 
ging die Zersetzung im Inneren. Nachdem ein erster Versuch fehlgeschlagen, 
gelang es den Bolschewisten im November, die Macht an sich zu reißen. Als 
eine der ersten Maßnahmen der neuen Regierung erfolgte am 26. No¬ 
vember ein Funkspruch deö vom Unteroffizier zum Oberbefehlshaber be¬ 
förderten Volkskommissars Krylenko, in dem er anfragte, ob die deutsche 
Oberste Heeresleitung zum Abschluß eines Waffenstillstandes bereit sei. 
General Ludendorff rief mich telephonisch an und fragte: „Ja, kann man 
denn mit den Leuten verhandeln?" Ich antwortete: „Ja, man kann ver¬ 
handeln. Exzellenz brauchen die Truppen. Und das sind die ersten, die 
kommen." 
Ich habe häufig darüber nachgedacht, ob eS nicht bester gewesen wäre, 
die deutsche Reichs- und Heeresleitung hätte jegliche Verhandlung mit den 
bolschewistischen Machthabern abgelehnt. Dadurch, daß wir ihnen die
	        
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