Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

426 
Der Grundsatz, den Feind wo möglich immer von mehre¬ 
ren Punkten und Seiten zugleich anzufallen, ist aus der 
Taktik in die Strategie hinübergezogen worden, obgleich 
hier der entgegengesetzte eigentlich zu Hause sein sollte; er 
war damals ganz besonders Mode, und darum ist cs uns 
sehr wahrscheinlich daß die Franzosen sich den Marsch 
Macdonalds wie einen strategischen Flankenangriff gegen 
Verbündeten und eben deshalb schon wie etwas Vortheil- 
haftes gedacht haben. 
Diese Vorstellung entnehmen wir aus einer Stelle 
Iominis, wo es bei der Frage wegen einer Vereinigung 
am südlichen Abhange der Apenninen heißt*): „aprös la 
réunion à Gènes il eut fallu débouclier ime seconde 
fois par les Monts Liguriens;” da nun das Debouchi- 
ren im Modenesischen viel leichter schien, so wurde das 
ein Grund, den General Macdonald in die Ebene Vordrin¬ 
gen zu lassen; so meinte man, sei das Eis gebrochen und 
man würde dann schon weiter sehen was zu thun sei. 
Allein dieses sogenannte Debouchiren in die Ebene, 
als eine Art von Krise gedacht, ist in den meisten 
Fällen eine leere Terminologie, denn es giebt nur sehr we¬ 
nige Lagen wo der Gegner eine Krise daraus machen kann. 
Wir glauben also daß cs gar nicht darauf ankam 
wie man am leichtesten in die Ebene hinunterkäme, son¬ 
dern wie man sich die besten Verhältnisse für die entschei¬ 
denden Gefechte verschaffte. Nur darum weil das Letztere 
bei einem vereinigten Hervorbrechen aus der Gegend von 
Genua nicht zu erwarten war, mußte dies unterbleiben, 
nicht weil das Hervorbrechen mit der ganzen Masse in 
jener Gegend wegen Mitwirkung der geographischen und 
*) Th. XL, S. 341.