Volltext: Aus Deutschlands Waffenschmiede

I Ofte Arbeiterschaft 
6. Die Arbeiterschaft. 0 
Dæ die politische Stimmungsmache in der Zeit vor dem Krieg 
A sahen weite Kreise des deutschen Volkes unsere Arbeiterschaft 
in einem falschen Licht. Die öffentliche Erörterung wurde nämlich im 
Grunde bestimmt durch das Mitgefühl mit der wirtschaftlichen Lage 
der wenigerbemittelten Bevölkerungsklassen. Darauf und nicht etwa 
auf eine folgerichtige, wissenschaftlich nüchterne Untersuchung baute sich 
die Lehre auf, der Lohnarbeiter nehme im Vergleich zu den anderen 
Gesellschaftsschichten eine Sonderstellung ein, die ihn daran hindere, 
seinen Anteil am Volkseinkommen zu vergrößern. Selbst Profes— 
soren sprachen von der „Notlage des isolierten Arbeiters'“, von dem 
„trostlosen Arbeiterschicksal', aus dem es kein Entrinnen gäbe. So 
wurde der Begriff Arbeiterschaft gleichgesetzt dem „Proletariat.“ 
Von solchen Ideen ließ sich auch die Kunst anstecken. Kein Wunder, 
daß die Parteipresse, vor allem die der Sozialdemokratie, diese von 
Gelehrten, Dichtern und Künstlern kommende Hilfe gern sah, um für 
ihre Ziele zu werben. Jeder Partei wohnt Wachtstreben inne. Sie 
will ihre Gedanken und Bestrebungen durchsetzen. Dazu gehört bei 
einem allgemeinen und gleichen Wahlrecht eine verbreitete Presse, dann 
ist eine starke Anhängerschaft mit einer genügenden Anzahl von Ab— 
geordnetensitzen in den Volksvertretungen zu erreichen. Ihre 
Werbekraft wird um so wirksamer sein, je stärker sich die Parteigedanken 
in den Köpfen der breiten Wassen einnisten. Wird dabei noch die 
Unzufriedenheit bewußt geschürt, und werden die bestehende Staatsform 
und Gesellschaftsordnung sowie die anderen Bevölkerungsklassen 
unablässig angegriffen, so kann der Erfolg nicht ausbleiben. 
Je schärfer der Klassenkampf geführt wird, desto größere Fortschritte 
macht die Bewegung. Die sozialdemokratische Werbung hat ihre be— 
sondere Note darin, daß sie sich vor allem an die Arbeiterschaft wandte 
und ihren Agitationsstoff aus dem „Arbeitsverhältnis des proletarischen 
Arbeiters zum kapitalistischen Unternehmer“ herausholte. Der freie Arbeits⸗ 
vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde in der sozial— 
demokratischen Agitationsschule mit „Zwangsarbeit“ bezeichnet. Der 
Arbeiter selbst wurde zum unterdrückten Lohnsklaven“ gestempelt, der 
zeitlebens verurteilt sei, für den „selbstherrlichen“ und „allmächtigen“ 
Kapitalisten zu arbeiten, der nur an Ausbeutung und Bereicherung denke. 
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