Volltext: Georg Loesche als Geschichtsforscher

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Umsturz zugänglichen Aktenmaterial" keine Akten anzuführen, die Schmer 
ling als warmen Freund der Evangelischen erscheinen lassen würden. 
Aus dem bekanntlich leicht überquellenden Munde dieses Ministers') 
holte Loesche billige Worte und brachte sie öffentlich in Verkehr zum 
angeblichen Beweise dafür, welch' warmen Freund die Evangelischen 
an ihm hätten. Ihm spendete Loesche reichlich unverdientes Lob; er 
verstieg sich sogar zu der mit allen einschlägigen, seit Jahrzehnten 
leicht zugänglichen archivalischen Quellen in offenem Widersprüche 
stehenden Anpreisung, das Patent vom 8. April 1861 habe den 
Evangelischen Gleichberechtigung mit der römisch-katholischen Kirche 
gebracht. — Diese „falsche Beurteilung" Schmerlings durch Loesche 
hat in den „Rechtsurkunden" (Seite 131) hervorgehoben werden müssen, 
entlockte aber Völker kein Wort der Erwiderung. 
Bei Vergleichung von Thun und Schmerling spielt letzterer eine 
höchst klägliche Rolle. Thun hatte mit sechs Landeskirchen zu schaffen, 
Schmerling mit einer einzigen und gelangte auch mit dieser zu keinem 
befriedigenden Ende. Hinter Thun verblieben für die deutschslavischen 
Kronländer vorzügliche Gesetzentwürfe, aus Schmerlings Zeit (13. De 
zember 1860 bis 27. Juli 1865) außer Patent und Verordnung wohl 
auch brauchbare Akten, aber nicht von ihm, sondern Anklageschrifent 
gegen ihn, von dem Kaiserlich-königlichen Evangelischen Oberkirchenrate 
eingereicht. 
Darnach widmet Völker der kirchlichen Neuordnung einige Worte, 
die bezeugen, daß er für Beurteilung der staatskirchenrechtlichen Lage 
nicht zuständig ist. Dermalen steht in Rechtskraft der Staatsver 
trag von Saint-Germain-en-Lape vom 10. September 1919, von der 
österreichischen Regierung zum Staatsgesetz erklärt mit Geltung vom 
16. Juli 1920. Diese unverrückbare Tatsache muß bei den Vorarbeiten 
für die kirchliche Neuordnung im Auge behalten werden. Das durch 
dieses Staatsgesetz bedingte neue Verhältnis zwischen Staat und Kirche 
kann daher nur auf Grund und in voller Uebereinstimmung mit diesem 
Staatsgesetz urkundlich festgestellt werden. Verfassungsmäßiger Abschluß 
dieser zwischen Staat und Kirche schwebenden Angelegenheit ist uner 
läßliche Vorbedingung für Schaffung einer neuen Kirchenverfaffung 
innerhalb des unabhängigen Wirkungskreises der Kirche. 
Nach dieser Abschweifung kehrt Völker zum eigentlichen Gegen 
stände seiner Aeußerung zurück und schließt den Auffatz mit den Worten: 
„Zum Schluß sei noch mit besonderem Nachdruck hervorgehoben, 
daß die gegen Georg Loesche von Zimmermann erhobenen An 
würfe wegen angeblicher Geschichtsfälschung restlos in sich zusammen 
brechen." 
0 Loesche nennt ihn „den großen Schweiger". — Im gleichzeitigen K.k. evan 
gelischen Oberkirchenrate galt er als unglaubwürdiger Schwätzer mit dem Beinamen 
„Theatermeistcr". Das Abgeordnetenhaus vor dem Schottentor war allgemein als 
„Schmerlingtheater" bekannt. 
*) Ueber die kirchliche Neuordnung, welche hier nicht zur Besprechung steht, sieh 
Rechtsurkunden, Seite 147 ff.
	        
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