Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

12 
Der Zusammenbruch der deutschen Machtstellung im Osten. 
längeren Verhandlungen kam denn auch am 5. September in Kowno ein 
Ergänzungsvertrag zustande, nach dem gegen erhebliche Goldzahlungen das 
Gebiet östlich der Beresina in fünf Abschnitten geräumt werden sollte. Tat- 
sächlich traf auch die erste Rate am 11. September in den deutschen Linien 
ein. Die vereinbarte Räumung gelangte indessen infolge des Umsturzes 
in Deutschland nicht mehr planmäßig zur Durchführung. 
Dagegen räumte die Heeresgruppe Kiew von sich aus Gebietsteile 
östlich von Charkow. Eine wesentliche Änderung der Lage trat durch diese 
Räumungen nicht ein. Die Räumung von Rostow und Taganrog lehnte 
der Oberbefehlshaber Ost aus politischen und wirtschaftlichen Gründen 
— Kohlenversorgung — ab. 
Das Ostheer stand, als der Umschwung eintrat, überwiegend nach ver- 
waltnngsmäßigen Gesichtspunkten mit seinen wenig kampfkräftigen 
Truppen nach wie vor auf dem gewaltigen Raum vom Schwarzen Meer 
bis zum Finnischen Meerbusen verteilt. Militärisch war es kaum wesent- 
lich bedroht. Ob es den ihm bevorstehenden politischen Gefahren gewachsen 
sein würde, hing in erster Linie davon ab, wieweit die Einsicht und die 
Disziplin seiner Angehörigen reichte. 
II. Der Zusammenbruch der deutschen Macht- 
stellung im Osten. 
Karte I, 2,3. 
I. November. Am 1. November traf bei dem Oberbefehlshaber Ost als Vorbote der 
kommenden Ereignisse und Auswirkung des Zusammenbruchs auf dem 
Balkan der telegraphische Befehl der Obersten Heeresleitung ein, alle für 
Rumänien bestimmten Transporte anzuhalten. Die Truppen — es handelte 
sich in der Hauptsache um etwa zwei Drittel der 7. (württembergischen) 
Landwehr-Division — sollten zur Verfügung der Heeresgruppe Kiew 
bleiben. Alle Transporte aus der Türkei und dem Kaukasus wurden nach 
ukrainischen Häfen geleitet. 
Die Heeresgruppe Kiew ordnete an, die aus dem Kaukasus kommenden 
Truppen auf der Krim, die aus der Türkei in Nikolajew zu landen. Sie 
sollten bei etwaiger Bedrohung durch die Entente zum Schutz der Häfen 
verwendet werden. Die 7. Landwehr-Division wurde, soweit nicht bereits