Volltext: Die Rückführung des Ostheeres

Die Lage Anfang Dezember. 
falls überall erkennbar. Die „Schmach von Pleskau", gegen die sich das 
Armee-Oberkommando in einem Aufruf wandte, die Weigerung des baye- 
rifchen Landsturms in Reval, „Befehle aus Berlin" entgegenzunehmen, die 
offenen Drohungen, zu meutern, falls nicht Abtransport erfolge, redeten 
eine deutliche Sprache. Mit der Disziplin war auch die Kameradschaft 
geschwunden. Nur der eine Gedanke, möglichst schnell nach Hause zu 
kommen, vernebelte die Gehirne. Jede Rücksichtnahme auf andere Truppen, 
jedes Vertrauen zur Führung hatte aufgehört. Kleinste Ichsucht beherrschte 
das Feld. Durch Drohungen und ultimative Forderungen glaubte man 
alles, auch das Unmögliche, erreichen zu können. Die Freiwilligentruppen, 
Eiserne Brigade und Baltische Landeswehr, waren in ihrer Bildung noch 
zu wenig fortgeschritten, um eine wesentliche Rolle bei den kommenden 
Ereignissen zu spielen. 
Von erheblicher Bedeutung war ferner, ob es gelang, alle maßgebenden 
Stellen auf deutscher Seite zu einheitlichem Zusammenwirken gegenüber 
allen den Abtransport bedrohenden Einflüssen zu bringen. In dieser Be- 
ziehung war ausschlaggebend die Haltung des von der Reichsregierung 
eingesetzten Generalbevollmächtigten Winnig, der die Beziehungen zu den 
in der Bildung begriffenen einheimischen Regierungen zu regeln hatte. Er 
hatte zunächst zweifellos das Bestreben, auch den militärischen Belangen 
gerecht zu werden. Bald aber zeigte es sich, daß er von ganz anderen Vor- 
aussetzungen ausging, als der Oberbefehlshaber der 8. Armee und dessen 
Generalstabschef. Während diese auf Grund ihrer Kenntnis des inneren 
Zustaudes der Truppe eine glatte Räumung für notwendig hielten, wollte 
Winnig möglichst lange den politischen Einfluß auf die lettische und 
estnische Regierung aufrechterhalten und zu diesem Zweck die Räumung 
hinausschieben. Es konnte nicht ausbleiben, daß dieser innere Gegensatz 
zu Reibungen führte. 
Offenbar als Auswirkung hiervon erfolgte am 28. November eine An- 
frage der Obersten Heeresleitung beim Oberbefehlshaber Ost, ob nicht der 
Chef und der Oberquartiermeister der 8. Armee abzulösen seien. Der Ober- 
besehlshaber Ost trat diesem Gedanken nachdrücklich entgegen. Die 
schwierige Lage der 8. Armee, wie sie durch den gleichzeitigen Angriff der 
Russen bei Pleskan und Narwa sich herausgebildet habe, lasse einen solchen 
Wechsel unzweckmäßig erscheinen. Damit hatte es zunächst sein Bewenden. 
Die Entwicklung im Dezember. 
In der ersten Hälfte des Dezember nahm die Entwicklung einen schnellen 
Verlauf. Während das Generalkommando 67 die Räumungsbewegung in
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.