Volltext: St. Severinus-Spiel Lauriacum

— 18 
Elodius: Du sollst nicht in den Tod, du sollst der Freude leben! Wie 
eine Herrin will ich dich in meinem Hause walten lassen, 
wenn du dich fügst. 
Hildiko: Werft mich den Bären vor! (Stößt Clodius kraftvoll von sich.> 
Clodius: Vinicius, Rufus, reißt sie von ihm los! 
Baldewin: Ihr Tiere, mordet, aber schändet nicht! 
(Binicius reißt Hildiko von ihrem Gatten los, während Rusus und der in 
zwischen herbeigeeilte Attalos die sich bäumenden beiden Germanen gegen das 
Amphitheater fortzudrängen versuchen.) 
Clodius: So recht, Vinicius! Wir werden diese Ilrwaldbärin zähmen! 
(Während dieser Worte des Clodius reißt Hildiko das Schwert des Vinicius 
aus dessen Scheide und zückt es wider sich selbst. Severin, der während der 
letzten Gespräche unter die Darbenden getreten war, erfaßt den Arm Hildikos. 
Hinter Severin folgen Eugippius, Pientissimus und noch ein oder mehrere 
Mönche.) 
9. Auftritt. 
Severin, Eugippius, Pientissimus, Mönche. 
Severin (mit machtvollem Blick): Was tust du, Schwester! 
Hildiko (starr aus Severin blickend): Der Schmach entfliehn! 
Severin: Gedenke deines Gottes, des allbarmherzigen, und fürchte 
nichts I (Nimmt ihr das Schwert, das sie willig läßt, und gibt es 
Vinicio zurück.) Um Christi willen sollst du den Deinen wieder 
gegeben sein! 
(Die Zechenden verlassen die Canaba und bergen sich in der Menge.) 
Clodius: Herr, sie ist meine Sklavin! 
Severin: Was forderst du für sie? 
Clodius: Sie ist um keinen Preis mir feil! 
Severin: Verblendeter, der du am Fleische hängst, um Augenblicke 
bangst und in beschränktem, erdgebund'nem Sinn der Seele 
und der Ewigkeit vergißt, beuge dich dem Gerichte Gottes! 
„Er" hat zur rechten Stunde mich gesendet, auf daß dies 
Weib von Schmach und Tod errettet werde! „Du" hättest 
nur noch ihren toten Leib; die Lebende ist nicht mehr dein, 
ist Gottes und also ist sie frei! 
Clodius: Ich beuge mich vor Gott und deinem Richterspruch. 
Severin (anfangs zu Clodius, dann aber auch zu allem Volke): O Clodius, 
beuge nicht nur dein Haupt, neige dein Herz vor Gott! Bete, 
daß, was den Menschen wohlgefällig scheint, auch vor dem 
Richterstuhl des Ewigen bestehe. Denn Gott sieht anders, 
als die Menschen seh'n: Der Herr durchforscht die Herzen 
und weiß des Geistes tiefgeheimen Sinn. Erheb' dich über 
nied're Fleischeslust, die im Genuß erstirbt und nichts von 
Freude weiß; denn Freude ist der Seele Teil! Und daß die
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.