Volltext: Serbien und der Weltkrieg (Band III 1931)

Anhang. 
I. 
Interview des serbischen Geschäftsträgers in Berlin vom 12. August 
1913, „Neue Freie Presse“1). 
Der Friede von Bukarest ist unterzeichnet und damit der Grund für 
die künftige Entwicklung der Balkanhalbinsel gelegt. Der Bukarester 
Friede bedarf jedoch noch der Sanktion seitens der Signatarmächte 
des Berliner Vertrages, da er wesentliche Änderungen der geographi¬ 
schen Grenzen desselben enthält. Der leitende Grundgedanke des 
Bukarester Vertrages ist die Verteilung der Balkanhalbinsel unter die 
christlichen Balkanstaaten auf der Grundlage des Gleichgewichtes, das 
auch, wie ein Blick auf die Karte zeigt, in gerechter Weise hergestellt 
ist. Von Montenegro, von dem neugeschaffenen Albanien und von der 
Türkei, die durch den Londoner Vertrag als europäische Macht aus¬ 
geschaltet werden sollte, abgesehen, haben wir nunmehr vier ungefähr 
gleichstarke christliche Balkanstaaten, die durch ihr annähernd gleiches 
Kräfteverhältnis die beste Gewähr für die Schaffung dauernder Zu¬ 
stände auf dem Balkan bieten, und die Schaffung dauernder Zustände 
auf dem Balkan ist ja das Wesentliche nicht nur für die Balkanstaaten 
selbst, sondern auch für die Großmächte, und vor allem Rußland 
und Österreich-Ungarn. Jeder, der den Frieden auf dem Balkan wirk¬ 
lich gesichert sehen will, muß daher alle Versuche einer Schaffung vor¬ 
übergehender Staatenbildungen, wie etwa die Schaffung eines auto¬ 
nomen Mazedoniens, auf das entschiedenste ablehnen, und selbst die 
Anführung nationaler und ethnographischer Argumente kann über die 
Erwägung nicht hinweghelfen, daß man bereits genügend Übergangs¬ 
zustände auf dem Balkan gehabt hat und daß man endlich die Balkan¬ 
halbinsel den großen christlichen Staaten überlassen muß, die zweifel¬ 
los, wenn man sie nicht von außen stört, den Befähigungsnachweis er¬ 
bringen werden, daß sie in der Lage sind, politisch und wirtschaftlich 
geordnete Zustände herzustellen, Zustände, die den Großmächten 
politisch und wirtschaftlich ebenfalls zugute kommen müssen. Eine 
gemeinsam allen Balkanstaaten wohlgemeinte Politik der einzelnen 
interessierten Großmächte und im Anschlüsse daran eine rationelle 
Wirtschaftspolitik werden zweifellos allerseits ihre Früchte tragen. Was 
1) Siehe Serb. Akt., Bd. I, Nr. 359. 
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