Volltext: Serbien und der Weltkrieg (Band III 1931)

IV. KAPITEL. 
Die serbisch-bulgarische Verständigung. 
Die bedeutende pekuniäre Unterstützung, die Rußland Bulgarien 
nach seiner Unabhängigkeitserklärung in den Verhandlungen mit der 
Türkei zuteil werden ließ1), und die Befriedigung der persönlichen 
Eitelkeit des Fürsten Ferdinand durch die ihm erwiesenen königlichen 
Ehren noch vor der Anerkennung der Unabhängigkeit anläßlich seines 
Eintreffens in Petersburg zu den Leichenfeierlichkeiten des Gro߬ 
fürsten Wladimir Alexandrowitsch1 2) hatten es bewirkt, daß Iswolski 
den Versuchen des Grafen Aehrenthal, zu einem in erster Linie gegen 
Serbien gerichteten Übereinkommen mit Bulgarien zu gelangen3), 
zuvorkam und daß er als erstes Aktivum für die weiteren Ziele der 
russischen Außenpolitik die Gewinnung Bulgariens buchen konnte4), 
der nach kurzem zeitlichen Abstande als zweites Aktivum seiner 
Politik die Verständigung Rußlands mit Italien bezüglich der Balkan¬ 
fragen in Racconigi gefolgt war5). Sowohl aus den russischen wie 
aus den serbischen Akten kann man die diesen beiden Ergebnissen 
beigemessene Bedeutung ersehen6). Graf Aehrenthal war sich denn 
auch trotz seines Scheinerfolges in der Annexionsfrage der Wichtig¬ 
keit dieser in erster Linie gegen Österreich-Ungarn gerichteten 
1) Brit. Dok., Bd. V, Nr. 536, 542, 550 und Nr. 551, Privatschreiben Greys an 
Nicolson vom 2. Februar 1909: „The Turks, naturally, will not understand why 
Russia is putting her hand into her own pocket, unless it be to get something out 
of the Turks later on. — I suppose that the real reason for Russia’s action is that 
she wishes to detach Bulgaria from Austria and attach her to Russia. — I should 
be very glad to see Iswolski’s personal position strengthened by any credit he can 
get out of these Near Eastern negotiations.44 Der Text des russisch-türkischen 
Übereinkommens ist abgedruckt: Brit. Dok., Bd. V, Nr. 696. Über das diesbezüg¬ 
liche russisch-bulgarische Übereinkommen berichtet der englische Botschafter in 
Konstantinopel. Brit. Dok., Bd. V, Nr. 708. Siehe ferner öst. Dok., Bd. I, Nr. 949. 
2) Brit. Dok., Bd. V, Nr. 584. 
3) Öst. Dok., Bd. I, Nr. 735, 770, 771, 882, 887. 
4) Brit. Dok., Bd. V, Nr. 620 und 625; Deutsch. Dok., Bd. XXVI2, Nr. 9326, 9331. 
5) Serb. Akt., Bd. I, Nr. 128, 129. Der deutsche Botschafter in Rom, Herr 
v. Jagow, drückte noch vor der Zusammenkunft in Racconigi seine Besorgnis aus, 
„daß die Ranküne und Rachsucht Rußlands — also nicht bloß Iswolskis — ein 
Faktor ist, der in der Geschichte der nächsten Dezennien eine große Rolle zu 
spielen berufen ist.44 öst. Dok., Bd. II, Nr. 1684, vom 23. Juli 1909. Siehe auch 
Brit. Dok., Bd. V, Nr. 871. 
6) Serb. Akt., Bd. II, Nr. 502, 504. 
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