Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Militärattache hat heute im Generalstab die Unrichtigkeit der in der 
serbischen Antwort in betreff der Bildung von Banden abgegebenen Ver¬ 
sieh erung festgestellt *). 
Tschirschky. 
Nr. 446. 
Kaiser Franz Joseph an Zar Nicolai II.2) 
Wien, den 
24. November 
7. Dezember 
1908. 
„Mein teurer Freund! 
Es war mir eine große Freude, durch den Großfürsten Michael den 
Brief zu erhalten, in dem Du meines Jubiläums gedacht hast; das trau¬ 
rige Ereignis, welches Deinen Bruder im Kreise der Angehörigen zu¬ 
rückhielt 8), hat mich aufrichtig betrübt. Was Deine Wünsche anbe¬ 
trifft, denen sich auch die Kaiserin anzuschließen wünschte, so haben 
sie die gefühlvollsten Seiten meines Herzens berührt. Deine Freund¬ 
schaft, die Du mir schenkst, ist mir aus vielen Gründen teuer, und ich 
schätze sie besonders in einem Augenblicke, da ich nach einer sechzig¬ 
jährigen Regierung voller Sorgen und Arbeit nicht ohne Erregung die 
Etappen dieser Regierung in meinem Geiste vorüberziehen lasse. 
In dieser verflossenen Zeitspanne haben die Beziehungen zwischen un¬ 
seren Herrscherhäusern (trönes) eine wichtige Rolle gespielt. Ich habe 
mich bemüht, sie zu stärken, nicht nur aus dem Gefühl der Anhänglich¬ 
keit heraus, sondern auch aus Pflicht meinen Völkern gegenüber. 
Entgegen meinen persönlichen Sympathien mußte ich bald nach mei¬ 
ner Thronbesteigung erkennen, daß die mit dem Schicksal sowohl Ru߬ 
lands wie auch' meiner Monarchie zusammenhängenden Fragen nicht 
mit Hilfe einer offenen Bündnispolitik geregelt werden konnten; die 
!) In einem Bericht des Militärattaches Graf Kageneck Nr. 69 vom 20. November 
heißt es darüber: 
„Die auf die gemeinsame Demarche der Großmächte in Belgrad erteilte Antwort 
Serbiens, in der die Regierung die kriegerischen Vorbereitungen und jede Bandeu- 
hildung ableugnet, wird im k. und k. Generalstab mit Recht als der Wahrheit hohn¬ 
sprechend bezeichnet. 
Heute zeigt man mir, mit der Bitte strengster Geheimhaltung, im Evidenzbureau 
eine Skizze, in der nach den letzten Nachrichten; die Standorte der serbischen Banden 
eingezeichnet sind. Von der Drinamündung ab bis einschließlich Sand - 
schak sind 17 organisierte serbische Banden in der Nähe der öster¬ 
reichischen Grenze festgestellt. Man kennt auch die Namen der meisten 
Führer. Die Stärke jeder Bande beläuft sich auf 3o Gewehre, Ausrüstung i4o Pa¬ 
tronen pro Gewehr, ferner 5o Bomben und einige Kilogramm Dynamit. Einzelne Ban¬ 
den sollen noch nicht fertig ausgerüstet sein.“ 
2) „Kriegsschuldfrage“ April 1926. Siehe S.22. 
8) Der Tod des Großfürsten Alexej Alexandro witsch. 
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