Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

in Serbien sei frei, und seine Regierung vermöge sie nicht zu kon¬ 
trollieren. 
Herr von Jagow bemerkte zu mir, daß, wenn jemand einen Nachbarn 
habe, der entweder nichts tun könne oder nichts tun wolle, um einer? 
Schädigung ein Ende zu machen, er das Recht habe, auf die bestmög¬ 
liche Weise zur Selbsthilfe zu schreiten. Seine Exzellenz meinte, Öster¬ 
reich habe sich seit langem sehr nachsichtig gezeigt. Ich glaubte diese 
Bemerkung allgemein auf die österreichische Haltung in Balkanange¬ 
legenheiten beziehen zu wollen, und dieser Eindruck fand eine Bestäti¬ 
gung, als Herr von Jagow hinzufügte, daß er den Sandschak annektiert 
hätte, wenn er damals österreichisch-ungarischer Minister des Äußern 
gewesen wäre. 
Dies Gespräch hinterließ, in mir den Eindruck, daß Herr von Jagow 
ein rasches und tatkräftiges Vorgehen Österreich-Ungarns im gegenwär¬ 
tigen Zeitpunkt billigen würde und daß er vom allgemeinen Charakter' 
der bevorstehenden Demarche in Belgrad Kenntnis hat. 
Ich habe usw. 
HoraceRumbold. 
V errnerk. 
Das bestätigt den Eindruck, daß Herr von Jagow, wenn er überhaupt 
etwas getan, die Österreicher aufgehetzt hat. — 
E. A. G. 29. Juli. 
(Sir Eyre Greiwe.) 
Nr. g58. 
Der Gesandte in Belgrad an das Auswärtige Amt.x) 
Telegramm 32. Belgrad, den 24. Juli 19141 2). 
Italienischer Geschäftsträger hat soeben vertraulich erzählt, der Kron¬ 
prinz habe in größerer3) Aufregung seine Vermittlung in Anspruch ge¬ 
nommen für ein Telegramm an die Königin von Italien, worin Höchst- 
dieselbe um Hilfe für die Dynastie gebeten wird. 
Die Militärs fordern kategorisch die Ablehnung der Note und Krieg. 
Die Mobilisierung ist bereits in vollem Gange. 
Griesinger. 
1) Nach der Entzifferung. Die deutschen Dokumente I, Nr. i58, S. 172. 
2) Aufgegeben in Belgrad 24- Juli 1150 nachm., angekommen im Auswärtigen Amt 
25. Juli i47 vorm.; Eingangsvermerk: 2Ö.Juli vorm. Am 2Ö. Juli von Jagow telegra¬ 
phisch dem Kaiser mit Telegramm 127 mitgeteilt, aufgegehen in Berlin n44 vorm., an¬ 
gekommen im Hoflager 345 nachm.; Entzifferung lag noch am gleichen Tage dem 
Kaiser vor. Am 2Ö. Juli desgleichen telegraphisch den Botschaftern in Wien und Rom 
mitgeteilt, Telegramme i30 nachm, zum Haupttelegraphenamt; auf der Botschaft in 
Wien angekommen 915 nachm. Von den beiden letzten Abschnitten „Die Militärs ... 
vollem Gange“ am 2Ö. Juli auch dem Generalstab Kenntnis gegeben; Mitteilung 
830 nachm, durch Boten abgesandt. 
3) So in der Entzifferung. Wahrscheinlich: größter. 
546
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.