Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

tionen aufgenommen, die der Narodna Odbrana zugute 
kommen. Bezüglich der Anschaffung von Flinten für Schüler, 
von Revolvern für Freischärler ist es notorisch, daß der Staat 
sie geliefert hat. Charakteristisch ist, daß als Zentralstelle für* die 
Verausgabung von Staatsmitteln für solche Zwecke und die Abrechnung 
weder das Ministerium des Äußern, noch das Kriegsministerium, sondern 
dasjenige für Kultus und Unterricht mitwirkt. 
Mag daher die serbische Regierung noch so sehr ihren Abscheu und 
ihre Entrüstung über die in Sarajewo begangene Bluttat kundgeben, mag 
sie noch so sehr ihre Unschuld beteuern und darauf hin- 
weisen, wie sinn- und zwecklos dieses Verbrechen sei und wie es der 
Sache des Serbentums viel eher geschadet als genützt habe, eines 
kann sie nicht ableugnen. Sie hat die Atmosphäre ge¬ 
schaffen, in der solche Explosionen des blinden Fanatismus 
allein möglich sind. In ihrem Lande und unter den Augen 
ihrer Behörden sind die Elemente groß gezogen worden, die Serbien 
vor der ganzen gesitteten Welt bloßgestellt und auf eine Stufe wieder 
herabgedrückt haben, wie der verabscheuungswürdige Königsmord des 
Jahres igo3. 
v. Griesinger. 
Nr. 942. 
Gerent Herr Hoflehner an Graf Berchtold.x) 
Nisch, 6. Juli 1914* 
Die Nachricht vom entsetzlichen, nur zu wohlgelungenen Attentate in 
Sarajewo rief hier Sensation im vollsten Sinne des Wortes hervor. Von 
Bestürzung oder aber Entrüstung war so gut wie nichts zu bemerken, in 
weitaus vorherrschendem Maße kamen nur Empfindungen der Genug¬ 
tuung, ja der Freude und dies vielfach ganz unverhüllt, ohne jede 
Zurückhaltung, nicht selten in ganz roher Form zum Ausdrucke. Dies 
gilt hauptsächlich für die sogenannten führenden Kreise, die Intelli¬ 
genz, wie Berufspolitiker, Lehrpersonen, Beamte, Offiziere und die 
Studentenschaft. Etwas zurückhaltender zeigte sich noch die Kaufmann¬ 
schaft. 
Alle Erklärungen, die seitens serbischer amtlicher Stellen oder ein¬ 
zelner höherer Persönlichkeiten abgegeben wurden und die Entrüstung 
über das Attentat und dessen Verurteilung zum Ausdruck bringen sol¬ 
len, müssen als bitterste Ironie auf den wirken, der Gelegenheit hatte, 
^Österreichisches Rotbuch igi4, Nr. 5, S. 4- 
34 Bogbitschewitscli, Serbien. II. 
529
	        
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