Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

viel beigetragen. Auf ihre Bearbeitung der Jugend ist es mit zurück¬ 
zuführen, wenn fast täglich Schüler aus den Gymnasien und 
Studenten von der Universität verschwanden, um als Freischärler 
in Mazedonien aufzutauchen, oder wenn junge Offiziere aus 
der Armee austraten und, mit falschen Pässen versehen, 
nach Altserbien gingen. Frägt man, was aus diesen Komitadjis jetzt, 
nach beendetem Krieg und erobertem Mazedonien geworden ist, so ist 
die Antwort: ein Teil ist vom Staat bei den verschiedensten Betrieben 
(Eisenbahn, Post, Monopol, Zoll, Polizeiverwaltung) untergebracht, wo 
sie meistens kleine Sinekuren inne haben; ein anderer Teil strolcht 
arbeitsscheu, und wahrscheinlich von der Narodna Od¬ 
brana unterstützt, umher, auf eine Gelegenheit lauernd, 
wieder seine wilden Instinkte zu betätigen. Es hat nicht an 
warnenden Stimmen gefehlt, die auf die Gefahr hinwiesen, jene Komi¬ 
tadjis möchten sich, nunmehr ihre Arbeit in der Türkei beendet war, 
Bosnien und Südungarn zum Feld neuer Tätigkeit aussuchen. 
Was die Mittel betrifft, mit welchen die Narodna Odbrana ihre man¬ 
nigfachen Ziele bestreitet, so appelliert sie in erster Reihe an freiwillige 
Massenbeiträge des Publikums. Sie geht dabei von der gewiß richtigen 
Ansicht aus, daß kleine Beiträge, die in Massen geleistet 
werden, ein ungleich ergiebigeres Erträgnis liefern, als vereinzelte größere 
Spenden. Es werden daher bei gewissen Gelegenheiten und namentlich 
an dern auf den i5. Juni a. St. fallenden St. Veitstage (Widowdan), 
der der Erinnerung an den Untergang des mittelalterlichen Großserbiens 
in der Schlacht auf dem Amselfeld gewidmet ist, öffentliche Sammlun¬ 
gen in ganz Serbien veranstaltet, die regelmäßig höchst respektable Sum¬ 
men einbringen. Sodann ist es Brauch geworden, bei letztwilligen Ver¬ 
fügungen die Narodna Odbrana mit Legaten zu bedenken, ebenso, zum 
Gedächtnis an verstorbene Familienangehörige der Narodna Odbrana Bei¬ 
träge zu überweisen. Doch hat es mit diesen freiwilligen Beiträgen 
keineswegs sein Bewenden. Oft genug entsendet die Narodna Od¬ 
brana ihre Vertrauensmänner zu reichen Kaufleuten, Banken 
usw., auch solchen, die, ohne Serben zu sein, mit Serbien 
in dauernder Geschäftsverbindung stehen, oder, wie man 
hier zu sagen pflegt, an Serbien „verdienen“ und fordert Beiträge. 
So wurde mir erst kürzlich ein Fall erzählt, wonach ein solcher Ver¬ 
trauensmann bei der hiesigen Filiale der Banque franco-serbe 
einen Beitrag verlangte und als ihm bemerkt wurde, daß die Bank 
ohne Genehmigung der Pariser Zentrale nicht über ioo Fr. beisteuern 
könne, ausfällig und drohend wurde. Der Staat selbst, wenn er 
gleich, um Verantwortlichkeiten zu vermeiden, darauf halten muß, daß 
die Narodna Odbrana ihren privaten Charakter bewahre, beschränkt 
sich indes keineswegs auf die Rolle eines passiven Zuschauers. Unter 
harmlosen Titeln sind in das Staatsbudget gewisse Posi- 
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