Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Nr. 937. 
Der Gesandte in Belgrad an den Reichskanzler.1) 
Belgrad, den 2. Juli 1914* 2). 
Wie mir der österreichisch-ungarische Geschäftsträger mitteilt, hat er 
gestern von sich aus an den Generalsekretär im hiesigen Auswärtigen 
Ministerium die Frage gerichtet, was die serbische Regierung angesichts 
der selbst nach den slawischen Blättern auf Serbien und 
Belgrad weisenden Zusammenhänge mit dem Attentat zu 
deren Ermittelung angeordnet habe. Herr Gruitsch erklärte 
ihlm darauf, daß bis jetzt nichts geschehen sei und die Sache die 
serbische Regierung auch nichts anginge3), und fragte seiner¬ 
seits, ob der Geschäftsträger im Namen seiner Regierung spreche. Herr 
von Storck ist ihm dann sehr deutlich geworden und hat ihm sein 
tiefstes Befremden darüber ausgedrückt, daß eine Regierung, die fort¬ 
während versichere, mit ihren Nachbarn in korrekten Beziehungen 
leben zu wollen, eine derartige Gleichgültigkeit an den Tag 
lege. Die Unterredung scheint beiderseits ungemein erregt ge¬ 
führtworden zu sein und hat damit geendet, daß der Generalsekre¬ 
tär sofort mit dem Minister des Innern sich ins Benehmen setzte. Es 
verlautet nunmehr, daß am gestrigen Abend einige Verhaftun¬ 
gen und Haussuchungen in den von den Attentätern seiner¬ 
zeit bewohnten Quartieren vorgenommen wurden. Auch sollen 
nähere Ermittlungen darüber im Gange sein, welcher* Gesellschaften und 
nationalistischen Vereinen die Attentäter angehört haben, wie sie in den 
Besitz der Bomben gelangt sind und woher die angeblich 
bei ihnen Vorgef undenen Gelder stammen. 
v. Griesinger. 
Randbemerkung des Kaisers: 
sehr bezeichnend. 
!) Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch I, Nr. 12. 
2) Eingangsvermerk des Auswärtigen Amts: 5. Juli vorm. Bericht lag dem Kaiser 
vor, von ihm am i3. Juli zurückgegeben, am 16. Juli wieder im Amt. Gemäßi kaiserj- 
licher Randverfügung am 20. Juli der Botschaft in Wien mitgeteilt. 
3) Die Worte „jetzt nichts geschehen“ und „nichts anginge“ vom Kaiser zweimal 
unterstrichen, am Rand zwei Ausrufungszeichen des Kaisers. 
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