dieser auf dem Auswärtigen Ministerium vorsprach, um Herrn Gruitsch
für seinen Kondolenzbesuch zu danken. Wie es scheint, hat Herr von
Storck den Generalsekretär inoffiziell gefragt, ob es die serbische Regie¬
rung in Anbetracht der Tatsache, daß beide Verhaftete kürzlich in Bel¬
grad gewesen seien, nicht für ratsam halte, eine Untersuchung über die
näheren Umstände des Verbrechens einzuleiten. Offenbar nahm Herr
Gruitsch dies als Andeutung einer Verantwortlichkeit der serbischen Re¬
gierung für das Verbrechen recht übel auf. Es kam zu einem erregten
Wortwechsel, und für den Augenblick sind die Beziehungen zwischen der
österreichischen Gesandtschaft und dem serbischen Ministerium des
Äußern sehr gespannt.
Ich habe usw.
Dayrell Crackanthorpe.
Nr. 936.
Sir M. de Bimsen an Sir Edward Grey.1)
Erhalten 6. Juli.
Nr. 182. Wien, den 2. Juli 1914.
Euere Exzellenz!
Die sterblichen Überreste des ermordeten Erzherzogs und seiner Ge¬
mahlin wurden am 3o.Juni mit dem Zuge von Sarajewo nach Metko-
witsch in Dalmatien, und von dort auf einem kleinen Dampfer zur Mün¬
dung der Narenta gebracht, wo sie an Bord des österreichisch-ungarischen
Dreadnoughts „Viribus Unitis“ unter Eskorte eines Geschwaders von
Schlachtschiffen und kleiner Kreuzer nach Triest übergeführt wurden.
Unterwegs wurden ihnen feierliche Ehrenbezeigungen erwiesen; das ge¬
schah namentlich in Triest, wo man die Särge heute morgen in den Zug
brachte, mit dem sie noch am späten Abend in Wien eintreffen sollen.
Die Särge werden bis morgen abend in der Kapelle der Hofburg bleiben
und von da nach ihrer letzten Ruhestätte in die Kapelle von Artstetten
verbracht werden, einem alten Schloß und Eigentum des verstorbenen
Erzherzogs, das ungefähr 60 Meilen westlich von Wien unweit des Nord¬
ufers der Donau liegt. Die Aufbahrung und Seelenmesse werden mor¬
gen in der Hofburgkapelle stattfinden.
Das Entsetzen, das durch die besondere Abscheulichkeit des am Sonn¬
tag verübten Verbrechens erzeugt wurde, hat unglücklicherweise zu hef¬
tigen Demonstrationen der Rassengegnerschaft in den südslawischen Pro¬
vinzen der Doppelmonarchie, das heißt namentlich in Bosnien und
Kroatien, geführt. In Sarajewo selbst gingen die römisch-katholischen
*) Britische Dokumente Bd. I, Nr. 28, S. 37. ,
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