zelnen feststellen, durch welche die dortige Regierung auf
eine Provokation Österreich-Ungarns hinarbeitet, und
unter deren Aufzählung in identischer Form eine ernste Mahnung und
Verwarnung an serbische Regierung richten. Ew. pp. bitte ich, sich
hierüber mit Ihren Kollegen ins Benehmen zu setzen und einer der¬
artigen Demarche sich anzuschließen1).
Nr. 443.
Der Botschafter in Petersburg Graf von Pourtalès
an den Reichskanzler Fürsten von Bülow.*)
Ausfertigung.
Nr. 5o2. St. Petersburg, den i3. November 1908.
(Abgegeben am i4- November.)
Der serbische ehemalige Ministerpräsident Paschitsch, der in Beglei¬
tung des Kronprinzen Georg hierhergekommen war, ist vorgestern von
Seiner Majestät dem Kaiser Nikolaus empfangen worden* 3) und wird
in einigen Tagen die Heimreise nach Belgrad antreten. Wie Herr
Iswolski mir gestern versicherte, ist Herr Paschitsch in gleicher Weise
wie der Kronprinz sehr ernst auf die Gefahren hingewiesen worden,
in welche Serbien sich durch eine Abenteuerpolitik begeben würde.
„Man kann uns,“ so lauten die Worte des Ministers, „nicht vorwerfen,
daß wir nicht alles getan haben, um Serbien von unbedachten Schritten
zurückzuhalten.“ Allerdings fügte Herr Iswolski hinzu, sei
auf Herrn Paschitsch nicht viel Verlaß: „Ce n’est pas un
selbst schreibt über seine Berliner Tätigkeit in einem; Briefe an die ihm nahestehende
russische Diplomatenfrau Marina de Jonina vom 7. März 1909 (Jäckh a.a.O. II, 24ff.);
«Je peux le dire que tout le travail du Ministère m’incombe, je suis encombré toute la
journée de personnes qui demandent des informatioins, et les Ambassadeurs ont aussi
pris la mauvaise habitude de s’adresser à moi au lieu d’aller voir le Ministre en, titre
qui ne fait rien et qui ne sait' rien. Ma situation est très délicate, au fond je ne suis
qu’un «aide» au ministère et en réalité tout le travail et toute la responsabilité sont entre
mes mains et même le chancelier ne s’adresse que directement à moi !» Diese Dar¬
stellung wird, wie der Befund der Akten ergibt, weder dem Fürsten von Bülow noch
dem Staatssekretär von Schoen gerecht.
1) Soweit Verfasser damals in der Lage war, verschiedene Ansichten über den Einfluß
einzelner Persönlichkeiten im Auswärtigen Amte kennenzulernen, beruhte nach der
damaligen Auffassung der angesehensten Mitglieder des diplomatischen Korps Herrn von
Kiderlens angeführte Behauptung auf Richtigkeit. Obwohl bei vielen, seines schroffen
und ironischen Wesens, hinter dem sich aber ein verständnisvolles Empfinden und große
Herzensgüte verbarg, unbeliebt, genoß er seiner Fähigkeiten wegen hohe Achtung und
da er auch stets wußte, was er wollte und seinen Willen durchzusetzen verstand, war
er gerade von denjenigen, die Geradheit und Offenheit nicht liebten, sehr gefürchtet.
Der Inhalt seiner Konzepte und Weisungen bestätigt diese Auffassung ebenfalls zur
Genüge.
2) Die Große Politik Bd. 26 (I. Hälfte), Nr. 9112, S. 268.
3) Vgl. dazu auch das Telegramm Paschitschs vom 12. November 1908 (Boghitsche-
witsch a.a.O., S. i49f-)* Demnach hätte der Zar zu dem serbischen Minister u.a. ge¬
sagt, die bosnisch-herzegowinische Frage werde nur durch einen Krieg entschieden
werden.