Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Ich möchte die Bedeutung der Dir gegenüber von meinem Großvater 
und Vater übernommenen Verpflichtungen keinem irgendwie gearteten 
Zweifel unterziehen, ich will auch nicht die Frage auf werfen, ob das 
von Dir erwähnte besondere Dokument dem bis heute bestehenden Ab¬ 
kommen entspricht — ich beschränke mich nur auf die Feststellung, 
daß die Stellung Bosniens und der Herzegowina, die Österreich-Ungarn 
vom Berliner Traktat zur Okkupation übergeben waren, nur durch einen 
Beschluß der Signatarmächte dieses Traktats geändert werden kann. 
Dieser Gesichtspunkt entspricht vollkommen dem auf der Londoner 
Konferenz aufgestellten und von Österreich-Ungarn feierlich anerkann¬ 
ten Prinzip, daß kein Staat sich von den Verpflichtungen des Vertrages 
lossagen oder seine Bestimmungen abändem kann, ohne daß hierzu die 
vertragschließenden Parteien ihr volles Einverständnis erklären. 
Indem ich auf Deine Freundschaft und das Dir innewohnende hohe 
Gerechtigkeitsgefühl baue, gebe ich der Überzeugung Ausdruck, daß Du 
auch1 in vorliegendem Falle mit der Notwendigkeit der Anwendung dieses 
Prinzips vollkommen einverstanden bist. 
Was mich1 anbetrifft, so bin ich von Herzen bereit, der Festigung 
der monarchischen und konservativen Grundlagen zu dienen, die für 
Rußland und Österreich-Ungarn so ungemein wohltätig sind, und ich 
werde alle Anstrengungen machen, um diese Schwierigkeiten freund¬ 
schaftlich zu lösen und die unsere Reiche verbindenden traditionellen 
Bande enger zu knüpfen. 
Glaube bitte der innigen Freundschaft Deines Bruders und Freundes 
Nicolai.“ x) 
Nr. 442. 
Der stellvertretende Staatssekretär des Auswärtigen 
Amtes Gesandter von Kiderlen2 *) an den Gesandten 
in Belgrad Prinzen von Ratibor.8) 
Telegramm. Konzept von der Hand des Vortragenden Rats Freiherm 
von Griesinger. 
Nr- 28. Berlin, den 10. November 1908. 
Der russische Botschafter hat hier angeregt, es möchten die 
Vertreter der Großmächte in Belgrad diejenigen Maßnahmen im ein¬ 
2) Übersetzung aus dem Französischen. 
2) Die große Politik Bd. 26 (I. Hälfte), Nr. 9110, S.267. 
3) Der Gesandte in Bukarest von Kiderlen leitete in Vertretung des erkrankten 
Staatssekretärs von Schoen die Geschäfte des Auswärtigen Amtes von 7.—3o. Novem- 
j908* Auch nach der Rückkehr des Staatssekretärs auf seinen Posten verblieb 
Kiderlen zur Hilfeleistung im Auswärtigen Amt bis zur Beendigung der bosnischen Krise 
V** aP1* ' ’ ?r *n dieser Zeit gerade die wichtigsten Schriftstücke konzipiert und 
überhaupt im Auswärtigen Amt die eigentlich leitende Rolle gespielt. Vgl. dazu 
E.Jäckh, Kiderlen-Wächter, der Staatsmann und Mensch (1924), II, 5 ff. Kiderlen 
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