Nr. 843.
Der Gesandte in Belgrad Freiherr von Griesinger
an das Auswärtige Amt.1)
Entzifferung.
Telegramm. Belgrad, den 17. August 1913.
Nr. 117.
Die mit dem Erlaß Nr. 476 vom 2.August* 2) befohlenen Mitteilungen
habe ich heute im Benehmen mit meinen Kollegen der serbischen Regie¬
rung gemacht. Paschitsch erwiderte mir, der Schutz der Minoritäten sei
durch die serbische Verfassung garantiert, und er verbürge sich dafür,
daß sie strikt eingehalten werde. — Wegen der Räumung der noch von
den serbischen Truppen besetzten albanesischen Landteile habe er sich
mit dem Oberkommandierenden Putnik ins Einvernehmen gesetzt. Man
sei gegenüber den albanesischen Nachbarn durchaus wohlwollend gesinnt,
nur werde die Zurückziehung der Truppen da und dort auf Schwierig¬
keiten stoßen, weil neuerdings Banden, welche mit Geld und Waffen
wohl versehen seien, auftauchen und die Ordnung gefährden. Serbien
werde aber streng darauf bedacht sein, „das albanesische Kind der aus¬
schließlichen Erziehung seiner Eltern zu überlassen“. — Von der er¬
neuten Zusicherung des Adriazuganges nahm der Ministerpräsident dan¬
kend Akt.
Zum Schluß bat mich Paschitsch, der kaiserlichen Regierung seinen
und der serbischen Regierung tiefgefühltesten Dank für die Serbien
jederzeit erteilten guten Ratschläge und die wohlwollende Haltung zu
übermitteln, kraft deren Serbien sich des dauernden und unverminderten
Besitzes des in Bukarest Erreichten erfreuen dürfe. Er werde Herrn
Boghitschewitsch noch besonders in dieser Richtung beauftragen.
Griesinger.
!) Die Große Politik Bd.36 (I. Hälfte), Nr.i4i34, S.36i.
2) Mittels Erlaß Nr. 476 vom 2. August war Freiherm von Griesinger der am 29. Juli
durch die Londoner Botschafterreunion gefaßte Beschluß bezüglich des Schutzes der
albanischen Minderheiten in Serbien und Montenegro sowie der weitere Beschluß bezüg¬
lich der Räumung des albanischen Gebietes durch die serbischen Truppen (vgl. dazu
Bd.XXXV, Kap.CCLXXV, Nr. 13671) mitgeteilt worden. Der hinsichtlich der Räu¬
mungsfrage vereinbarte Beschluß der Großmächte ging dahin, „de faire rappeler avec
insistance au Gouvernement serbe par les représentants des Puissances son obligation
d’évacuer sans délai le territoire albanais et de respecter les limites de la frontière nord
et nord-est de l’Albanie, telles qu’elles ont été établies par les Puissances et com¬
muniquées au Gouvernement serbe le i5 avril 1913“.
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