Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Ich sende Dir heiße Wünsche für Dein Glück und das Wohlergehen 
Deines Reiches und bitte meinen Gefühlen aufrichtiger Anhänglichkeit 
Glauben zu schenken, mit denen ich verbleibe 
Dein aufrichtig ergebener Vetter 
Franz Ferdinand. 
Nr. 786. 
Der Präsident der französischen Republik an den 
russischen Kaiser. *) 
Brief. Paris, den 20. März 1913. 
Teurer und Hoher Freund! 
Ich will mich nicht mit den Beglaubigungsschreiben begnügen, die ich 
Herrn Delcasse ausgehändigt habe, sondern benutze die Abreise unseres 
Botschafters, um Eurer Majestät von neuem die Versicherung der Un¬ 
veränderlichkeit meiner Gefühle zu geben. 
Indem die Regierung Frankreichs einem hervorragenden Politiker, 
der sich insbesondere dem Studium der internationalen Fragen geweiht 
hat, den Auftrag anvertraute, sie Eurer Majestät gegenüber zu ver¬ 
treten, suchte sie nach einer Gelegenheit, das Bündnis unserer beiden 
Länder noch weiter zu festigen und eine enge und ununterbrochene 
Fühlungnahme mit der kaiserlichen Regierung aufrechtzuerhalten. 
. Ich brauche Eurer Majestät nicht zu sagen, daß Herr Delcasse, der in 
dem Kabinett, das unter meinem Vorsitze stand, Marineminister war, 
sich im Laufe der letzten Monate für alle durch die Balkankrise aufge¬ 
worfenen Fragen der auswärtigen Politik interessiert und den Gang der 
Ereignisse sehr aufmerksam verfolgt hat. Er ist über die geringsten 
Einzelheiten auf dem laufenden und kann mehr denn irgendein anderer 
im Einvernehmen mit Herrn Sasonow tätig sein, um ein gemeinsames 
Vorgehen unserer beiden Diplomatien sicherzustellen. 
Als ich andererseits das Glück hatte, im vorigen Jahre von Eurer 
Majestät in Peterhof empfangen zu werden, lenkte ich Eure Hohe Auf¬ 
merksamkeit auf den Nutzen, den nach Ansicht unserer Generalstäbe 
die Beschleunigung des Baues gewisser Eisenbahnen an 
der Westgrenze des Reiches bringen würde. 
Die große militärische Anstrengung, die die französische Regierung 
zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts der europäischen Streitkräfte 
zu machen beabsichtigt, bewirkt, daß entsprechende Maßnahmen, über 
deren Notwendigkeit sich die Generalstäbe beider verbündeten Parteien 
!) Iswolski Bd. III, Nr. 776, S.97. 
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