Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Das Ganze sieht wie eine beabsichtigte Einkreisung Bulgariens aus, 
das es von jeher verstanden hat, sich unbeliebt zu machen und von allen 
näher Beteiligten heute mit Recht als der künftige Störenfried auf dem 
Balkan betrachtet wird. 
Wie weit die Belgrader Regierung die Ansichten ihres Gesandten teilt, 
lasse ich dahingestellt. 
B e 1 o w. 
Nr. 777. 
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Jagow 
an den Botschafter in Konstantinopel 
Freiherrn von Wangenheim.1) 2) 
Eigenhändiges Konzept. 
Nr. 182. Berlin, den 4- März 1913. 
Zur Information. 
Der serbische Geschäftsträger teilte mir heute im Aufträge seiner Re¬ 
gierung mit, daß letztere bei der Abgrenzung Albaniens weder auf Ipek 
und das Drintal, noch auf Dibra, noch auf Diakowa verzichten könne, 
und daß Serbien, wenn die Mächte anders entschieden, sich an deren 
Beschlüsse nicht halten würde3). 
Ich habe den Geschäftsträger gebeten, seiner Regierung zu erwidern, 
daß obige Mitteilung für mich in keiner Weise maßgebend sein könne; 
ich wüßte nicht, wie die Beschlüsse der Mächte schließlich ausfallen wür¬ 
den, Serbien werde dieselben aber zu respektieren und widrigenfalls die 
!) Die Große Politik Bd. 34 (I. Hälfte), Nr. 12925, S.443. 
2) Der gleiche Erlaß ging an die übrigen Botschafter bei den europäischen Gro߬ 
mächten sowie an die Gesandten bei den Balkanstaaten. 
3) Eine ähnliche Erklärung gab der serbische Gesandte in Paris Wesnitsch am 
3. März am Quai d’Orsay ab. Nach einem Geheimtelegramm Iswolskis an Sasonow 
von diesem Tage (Der Diplomatische Schriftwechsel Iswolskys 1911—1914, ed. Fr. 
Stieve III, 80) lief sie sogar in die Drohung aus, daß Serbien, wie auch die Ent¬ 
scheidung der Mächte ausfallen werde, sich aus den beanspruchten Tälern von Dibra 
und Bielogadrina mit den Städten Ipek und Diakowa nur vor der Waffengewalt 
zurückziehen werde. Von einer Zurückweisung dieser Drohung, wie sie in Berlin er¬ 
folgte, berichtet Iswolski nichts, dafür meldete der französische Konsul in Uesküb 
Carlier am 4- März eine bezeichnende Äußerung des serbischen Kronprinzen: „La 
France a presque plus fait pour nous que la Russie et cela, nous ne l’oublierons 
jamais.“ Französisches Gelbbuch: Les Affaires Balkaniques II, p.94. In Rußland, 
wo man von dem wiederholt ausgesprochenen Willen der Serben, sich auch der Ent¬ 
scheidung der Mächte nicht fügen zu wollen, längst unterrichtet war, scheint man 
diese Haltung eher noch ermutigt zu haben, erklärte doch Sasonow kurz vor dem 
23. Februar in London, daß Rußland einem Versuch, die Serben mit Gewalt ans 
den beanspruchten Gebieten zu treiben, nicht gleichgültig gegenüberstehen werde. 
Vgl. Nr. 12887, Anlage. Siehe auch Bd. II, Nr. 775 und Nr. 778. 
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