Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Nr. 43o. 
Freiherr von Aehrenthal an den Legationssekretär 
Franz in Belgrad.*) 
Telegramm: Wien, den 8. Oktober iqo8. 
Herr Simitsch übergab heute im Auswärtigen Amte in Ausführung 
eines erhaltenen Auftrages eine in den heutigen Morgenblättern bereits* 
erwähnte Protestnote der serbischen Regierung gegen die Annexion von 
Bosnien und der Herzegowina. 
Dieses Schriftstück wurde nicht übernommen, jedoch dem Herrn 
Gesandten überlassen, dasselbe vorzulesen. 
Herrn Simitsch wurde erwidert, der Protest der serbischen Regie¬ 
rung könne mangels eines „Rechtstitels“ nicht entgegengenommen 
werden. 
Darauf schien Herr Simitsch vorbereitet gewesen zu sein, bemerkte 
jedoch, seine Regierung könnte nicht umhin — angesichts der allge¬ 
meinen Erregung in Serbien — gegen die Annexion zu protestieren. 
Hieran anknüpfend wurde dem Herrn Gesandten entgegnet, daß die 
serbische Regierung gut daran täte, beschwichtigend auf die erregte 
Stimmung in ihrem Lande hinzuwirken, denn Maßnahmen, wie z. B. die 
der Einberufung der Reserven könnten den gegenteiligen Effekt haben. 
Der serbische Gesandte erklärte, indem er versuchte diese Maßnah¬ 
men als keineswegs gegen die Monarchie gerichtet darzustellen, daß an¬ 
gesichts der schon durch die Unabhängigkeitserklärung Bulgariens, so¬ 
wie durch1 die Annexion geschaffenen Situation und die hieraus ent¬ 
standene Erregung im Königreiche eine gewisse militärische Bereit¬ 
schaft unerläßlich erschien, daß aber mit der Einberufung der Reser¬ 
ven außerdem nur die Ausfüllung der durch die am i4- d. M. statt¬ 
findende Entlassung von ausgedienter Mannschaft entstehenden Lücken 
bezweckt würde. 
Daß Serbien an eine militärische Unternehmung gegen uns denke, 
sei völlig ausgeschlossen. 
Nr. 431. 
Graf Berchtold an Freiherrn von Aehrenthal.* 2) 
Telegramm: St. Petersburg, den 8. Oktober 1908. 
Ich’ habe heute das Memorandum betreffs Annexion von Bosnien und 
der Herzegowina Herrn Tscharykow verlesen und ihm Abschrift hinter¬ 
lassen. 
x) Österreichisches Rotbuch 1909, Nr. 9, S. 9. 
2) Österreichisches Rotbuch 1909, Nr. 10, S. 10. 
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