Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

tieren. Wir haben daher meines gehorsamsten Dafürhaltens alle Ur¬ 
sache, Herrn Sasonow, wo sich Gelegenheit dazu bietet, zu stützen, (?!) 
und es war mir in hohem Maße erwünscht, ihm gestern an der Hand 
des Communiqués der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung“1) nach- 
weisen zu können, daß die Behauptungen über eine Änderung seiner 
Politik an maßgebender deutscher Stelle als unbegründet zurückgewiesen 
worden seien. Dieses Communiqué ebenso wie einige Berliner Tele¬ 
gramme der „Kölnischen Zeitung“ hatten auf den Minister sichtlich 
einen sehr angenehmen Eindruck gemacht. 
Von Herrn Sasonow bin ich fest überzeugt, daß er von sich aus eine 
kriegerische Politik nicht macht und eintretendenfalls wahrscheinlich 
einem anderen Platz machen würde. (?!) Wenn er aber mit seiner be¬ 
sonnenen Politik, wie zu hoffen ist, schließlich durchdringt, so glaube 
ich, daß wir nur wünschen können, ihn recht lange auf seinem jetzigen 
Posten erhalten zu sehen. Einen für uns besseren Minister des Äußern 
werden wir hier so leicht nicht mehr bekommen, wohl aber einen schlech¬ 
teren. (?!) 
Ich bin durchaus der Ansicht, daß wir allen Grund gehabt haben, 
über verschiedene Vorgänge, die sich unmittelbar nach der Entrevue von 
Baltischport zugetragen haben, unzufrieden zu sein. Ich habe mir auch 
gelegentlich meines letzten Aufenthaltes in Berlin erlaubt, mich dahin 
zu äußern, daß es mir sehr angezeigt erscheine, diese Unzufriedenheit 
Herrn Sasonow gegenüber bei seiner Durchreise durch Berlin zum Aus¬ 
druck zu bringen. Ich glaube aber, daß es nicht gerechtfertigt wäre, 
den Minister für diese Vorgänge, die ihm augenscheinlich selbst sehr un¬ 
angenehm waren, verantwortlich zu machen. Man darf meines gehor¬ 
samsten Erachtens nicht vergessen, mit welchen mächtigen unverant¬ 
wortlichen Einflüssen, besonders unter der jetzigen Regierung, ein hie¬ 
siger Minister des Äußern zu kämpfen hat. 
F. Pourtalès. 
x) Vgl. Aktenstück Nr. 723 Anm.3. 
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