Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Poincare, es sei ihm, selbst rein privatim, unmöglich, das Verhalten 
Frankreichs bei einem aktiven Eingreifen Österreichs genau festzulegen, 
falls ihm nicht vorher von der kaiserlichen Regierung Nachricht über 
deren eigene Absichten zugegangen sei. „Rußlands Sache ist es,“ sagte 
er, „in einer Angelegenheit die Initiative zu ergreifen, bei der es der am 
meisten interessierte Teil ist. Frankreichs Aufgabe ist es, ihm seinen 
nachdrücklichsten Beistand zu leisten. Ergriffe die fran¬ 
zösische Regierung ihrerseits die Initiative, so liefe sie Gefahr, den 
Absichten ihres Verbündeten zuvorzukommen.“ Um ihn über den Grad 
unserer Mitwirkung nicht im geringsten im Zweifel zu lassen, glaubte 
ich auf eine Stelle in den Instruktionen des Herrn Sasonow an den 
russischen Gesandten in Belgrad hinweisen zu müssen, wo gesagt ist, 
Frankreich und England hätten offen erklärt, daß sie keineswegs ge¬ 
sonnen seien, sich durch den Konflikt mit dem Dreibund entzweien zu 
lassen. „Im großen und ganzen,“ fügte Poincare hinzu, „läuft alles 
auf die Erklärung hinaus: wenn Rußland in den Krieg 
geht, wird Frankreich dasselbe tun, weil wir wissen, daß 
in dieser Sache Deutschland hinter Österreich stehen 
würde.“ Auf meine Frage, ob er den Standpunkt Englands in der frag¬ 
lichen Angelegenheit kenne, antwortete Poincare, nach seinen Informa¬ 
tionen werde das Kabinett von London sich für den Augenblick darauf 
beschränken, Rußland seine volle diplomatische Unterstützung zu ver¬ 
sprechen, was aber nötigenfalls eine nachdrücklichere 
Hilfe nicht ausschließen würde. 
Iswolski. 
Nr. 709. 
Der Botschafter von Petersburg Graf Pourtales 
an das Auswärtige Amt.1) 
Entzifferung. 
Telegramm. St. Petersburg, den 17. November 1912. 
Nr. 276. (pr. den 18. November) 
Herr Sasonow, welcher noch vor kurzem Neutralisierung der Donau- 
Adria-Bahn und eines Hafens am Adriatischen Meer (San Giovanni di 
Medua) als „vielleicht mögliche Lösung“ österreichisch-serbischen Kon¬ 
flikts bezeichnete, erklärte gestern, er habe Überzeugung gewonnen, daß 
Serbien auf diese Lösung nicht eingehen, vielmehr unter allen Um¬ 
ständen auf Besitz genannten Hafens und schmalen Landstreifens zur 
Verbindung mit demselben bestehen werde. Minister glaubt aber, es 
werde von Serbien zu erreichen sein, daß dies sich verpflichte, den Ha- 
*) Die Große Politik Bd. 33, Nr. 12 387, S, 347. 
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