Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

tausch mit Serbien sei er bisher noch nicht getreten. Mit einer 
territorialen Vergrößerung Serbiens werde jedenfalls ge¬ 
rechnet werden müssen. Je intimer, wirksamer und dauernder das 
Verhältnis werde, das auf ökonomischem Gebiete zwischen Österreich 
und Serbien erreicht werden könne, um so leichter würde sich die 
Monarchie auch mit einem größeren Gebietszuwachs abfinden können. 
Ein Prüfstein für die Aufrichtigkeit der Absicht Serbiens, mit Österreich 
sich dauernd gut zu stellen, werde es sein, ob man in Belgrad die Forde¬ 
rung nach einem Hafen am Adriatischen Meere stellen werde oder 
nicht. Wolle es wirklich gute und vertrauensvolle Beziehungen zu 
Österreich, so könne es die angestrebte Verbindung mit dem Adria tischen 
Meere durch einen Anschluß der serbischen Bahnen an die bosnisch- 
herzegowinischen, der billig herzustellen sei, leicht haben. Stellt es aber 
das Begehren des eigenen Hafens am Meer, zu dem es nur mit Hilfe) 
einer zirka 3oo Millionen Francs kostenden Bahn — und zwar durch al- 
banesisches Territorium — gelangen könne, und von dem es wissen müsse, 
daß ihm Österreich nicht zustimmen könne, so würde damit gezeigt 
werden, daß es seine alte Politik des Mißtrauens Österreich gegenüber 
nicht aufgeben wolle. 
vonTschirschky. 
Nr. 673. 
Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes 
von Kiderlen an Kaiser Wilhelm II/) 
Ausfertigung. 
Berlin, den 3. November 1912. 
Euerer Majestät verfehle ich nicht alleruntertänigst zu melden, daß 
der Österreich-ungarische Botschafter mir im Aufträge seiner Regierung 
nachstehende Mitteilungen gemacht hat: 
1. Die Zustimmung Österreich-Ungarns zu einem Macht- und Ge¬ 
bietszuwachs eines Nachbarstaates müsse von ausreichenden Garantien 
dafür abhängig gemacht werden, daß derselbe in Zukunft keine der 
Monarchie direkt feindliche Politik verfolgen könnte. Besonders würden 
Bürgschaften dafür verlangt, daß Serbien nicht in die Reihe der Gegner 
Österreich-Ungarns tritt1). Durch einen engen wirtschaftlichen An¬ 
schluß Serbiens sowohl wie Montenegros an die Donaumonarchie könnte 
eine Interessengemeinschaft zwischen den Staaten geschaffen werden2). 
*) Die Große Politik Bd. 33, Nr. 12 320, S. 274. Vgl. auch Nr. I2 32I mit der 
charakteristischen Schlußbemerkung Kaiser Wilhelms: „Ich verweigere jede Teilnahme 
an jeder Aktion, die die Bulgaren—Serben—Griechen in ihrem berechtigten Siegeslauf 
hemmt oder ihnen Bedingungen vorschreibt oder auf erlegt, die ihnen nicht genehm sind. 
Ich stehe jetzt für fair play ein; free fight and no favour! Und für die Interessen dier 
KämpferI Das sei sofort diesen und den Mächten mitgeteilt. W.“ 
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