Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

ster hat Euer Exzellenz Anregung sehr günstig auf genommen. Er 
sagte mir, er sehe darin einen neuen Beweis, daß die Grundlagen der 
Orientpolitik Österreich-Ungarns unentwegt dieselben bleiben, auf wel¬ 
chen seinerzeit die Übereinstimmung mit jener Rußlands konstatiert 
wurde und begrüßte die Anregung Euer Exzellenz als ein neues Zeichen 
der vollkommenen Identität der Ziele der Balkanpolitik Österreich- 
Ungarns und Rußlands. 
Was die von Euer Exzellenz vorgeschlagenen Demarchen imbelange, 
so halte er zunächst die in Konstantinopel zu unternehmende Demarche 
für sehr nützlich. 
Doch sei er der Meinung, daß die in Rede stehende freundschaftliche 
Einwirkung die Form einer Kollektivdemarche sorgfältig vermeiden und 
in die Gestalt von einzelnen Ratschlägen gekleidet werden sollte. 
IWas die Demarche bei den Balkanstaaten anbelange, so ist Herr 
Sasonow zwar auch der Meinung, daß es sehr zeitgemäß wäre, sie wieder 
einmal in einer Form zur Ruhe zu mahnen, aus der sie deutlich sehen 
würden, daß alle Großmächte in diesem Wunsche einig sind. Er glaube 
nicht, daß Aussicht bestehe, sie davon zu überzeugen, daß durch bloßes 
ruhiges Abwarten eine individualisierende Behandlung ihrer eigenen 
Stammesgenossen zu erzielen wäre, doch erklärte der Herr Minister auch 
mit dieser Vorgangsweise einverstanden zu sein. 
Nr. 597. 
Der Gesandte in Cetinje von Eckardt 
an das Auswärtige Amt.1) 
Entzifferung. 
Telegramm. Cetinje, den 21. August 1912. 
Nr. 22. 
Der bulgarische Gesandte* 2) ist plötzlich nach Sofia gereist. Ich habe 
Grund zur Annahme, daß der König durch ihn wegen gemeinsamer 
*■) Die Große Politik. Bd.33. Nr. 12 107, S.67. 
2) Koluschew. Näheres über die Mission Koluschews nach Sofia und die Stellung¬ 
nahme der bulgarischen Regierung bei Iv. E. Guéchoff, L’Alliance Balkanique, p. 84. 
Der ehemalige bulgarische Ministerpräsident mißt der Mission Koluschews und der im 
Anschluß an sie gefaßten zustimmenden Entschließung des bulgarischen Ministerrats, 
die in einem Konseil beim Könige am 26. August bestätigt wurde, entscheidende Be¬ 
deutung bei: „Et nous décidâmes à l’unanimité ce que le conseil des ministres avait 
déjà décidé, c’est à savoir d’accepter la proposition du Monténégro et de nous aboucher 
rapidement avec la Serbie et la Grèce dans le but d’arriver à une ¡entente pour une 
intervention immédiate des alliés en faveur de la polulation chrétienne de la Turquie 
d’Europe.“ Den weiteren Verlauf der Dinge, nachdem Koluschew mit der Autorisa¬ 
tion, den mündlichen Akkord mit Montenegro abzuschließen, nach Cetinje zurück- 
gekehrt sei, schildert Geschow a. a. 0., p. 85 s.) folgendermaßen: „De mon côté 
j’engageai des pourparlers avec les ministres de Serbie et de Grèce, MM. Spalaiko- 
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