Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Handlungen auf das genaueste unterrichtet. Auf meine Frage, welche 
Stellung Rumänien einnehmen werde, wenn die serbisch-bulgarischen 
Interessen mit den österreichischen zusammenstießen, antwortete Milo- 
wanowitsch, er sei überzeugt, daß Rumänien auch keine Ursache habe 
zu wünschen, daß Österreich tiefer in den Balkan eindringe. Rumänien 
sei in betreff Serbiens und Bulgariens durch keine Vereinbarungen an 
Österreich gebunden, und im Falle einer Liquidierung der europäischen 
Türkei könne es sich mit einer Grenzberichtigung bei Silistria begnügen. 
Milowanowitsch sagte, er wisse bestimmt, daß Österreich sich in Bosnien 
und in der Herzegowina so verstärkte, daß es jeden Augenblick zu einer 
Aktion wie 1908 bereit sein könne, indem die dort stehenden Truppen 
auf Kriegsfuß gebracht werden. 
Iswolski. 
Nr. 548. 
Der russische Gesandte Hartwig, Belgrad, 
an das Ministerium des Äußern in Petersburg.*) 
Nr. 182. Belgrad, den 10./23. November 1911. 
Gestern hatte ich eine lange Unterredung mit Milowanowitsch. 
Der Empfang König Peters in Paris hat alle Erwartungen übertroffen, 
was Gastfreundlichkeit und Herzlichkeit betrifft. Überall und in allem 
empfand man die Gefühle immer größerer Sympathien Frankreichs zu 
Serbien, seit der Annexionskrise, dessen friedliche Politik auf völlige 
Billigung Frankreichs stieß. Gaillaux, Delcasse Barrere, de Selves und 
andere politische Persönlichkeiten, mit denen Milowanowitsch gesprochen 
hatte, hielten Serbien für einen wichtigen politischen Faktor und aner¬ 
kannten die kulturelle Bedeutung Serbiens auf dem Balkan. Frank¬ 
reich ist in völliger Übereinstimmung mit Rußland be¬ 
reit, in jeder Beziehung zwecks Realisierung der natio¬ 
nalen Aufgaben Serbiens mitzuwirken. Nach den Worten 
des Ministers ist man in Paris sehr skeptisch bezüglich einer Balkan¬ 
föderation, dagegen sympathisiert man sehr mit dem Gedanken eines 
serbisch-bulgarischen Bündnisses und sieht in demselben einen ernst¬ 
lichen Schutz gegen das deutsch-österreichische Vordringen. Was das 
Bündnis selbst betrifft, so hatte Milowanowitsch mit Rizoff und Stant- 
scheff diesbezügliche Unterredungen und dieselben hatten von König 
Ferdinand und Geschow besondere Instruktionen erhalten. Mit Aus¬ 
nahme der Abgrenzung der Sphären ist das Bündnis schon fast per¬ 
fekt. Um auch diese Schwierigkeiten zu überwinden, will die serbische 
Regierung in den nächsten Tagen eine Konferenz einberufen, an der 
*) Krassny Archiv Tom. IX, S. 7. 
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