Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

und mit Rücksicht auf die verwickelte äußere Lage zu einer Verständi¬ 
gung zu gelangen. Gleichzeitig stimmen wir ihrem einschränkenden 
Vorbehalte bei bezüglich des nächstliegenden Zweckes des Übereinkom¬ 
mens _ das Ineinklangbringen der beiderseitigen Interessen in den 
Grenzen der Erhaltung des gegenwärtigen Status quo. Tatsächlich 
würde ein eigenmächtiges Vorgehen der slawischen Staaten von uns 
nicht nur nicht gebilligt werden, sondern es würde unserer Ansicht nach 
auch für diese Staaten ein Unglück bedeuten, da es Gegenaktionen 
seitens Österreich-Ungarns hervorrufen und auch rechtfertigen 
würde. Anders stünde es freilich damit, wenn dies als eine Folge einer 
provozierenden Aktion seitens der Türkei geschehen würde. Wir hoffen 
jedoch, daß in einem solchen Falle beide Staaten uns um unseren Rat 
fragen werden, und wir wären in einem solchen Falle bereit, die Sachlage 
gemeinsam mit ihnen zu prüfen. Zu ihrer persönlichen Information 
füge ich noch hinzu, daß wir unsere Maßnahmen von den etwa beab¬ 
sichtigten Schritten Österreichs abhängig machen müssen. Neratow. 
Nr. 527. 
Der russische Gesandte Hartwig, Belgrad, 
an das Ministerium des Äußern in Petersburg.x) 
„ . , . 23. September 
Belgrad, den 6 (^totor- >9*>- 
Nr. 147. Abschrift nach Sofia. 
Bezugnehmend auf das Telegramm Nr. 65 von Nekljudow erachte ich 
es für meine Pflicht, ergänzende Angaben und einige Einwendungen zu 
machen. Vor allen Dingen wird in diesem Telegramm das Dilemma be¬ 
handelt, ob man eine serbisch-bulgarische Annäherung zulassen oder ob 
man sie verhindern soll? Meiner Meinung nach kann die Antwort nur 
eine positive sein. In dem gegenwärtigen Augenblicke würden beide 
Staaten das größte Verbrechen Rußland und dem Slawentum gegenüber 
begehen, wenn sie auch nur im geringsten diesbezüglich zögern würden. 
Von den Befürchtungen, die Nekljudow erwähnt, kann keine Rede sein, 
und Todoroff hat die Sachlage ganz richtig dahingehend beurteilt, wenn 
er behauptet, daß die Verständigung abgesehen von der Abgrenzung der 
Interessensphären den „Schutz“ der gegenseitigen Interessen für den 
Fall zukünftiger Verwicklungen im Auge hat, was ein aktives Hervor¬ 
treten für die nächste Zukunft ausschließt, worauf sich übrigens 
Serbien ohne Zustimmung Rußlands nicht einlassen 
würde. Die Anregung zu den jetzigen Verhandlungen ist nicht so sehr 
von den bulgarischen Ministem als von Rizoff ausgegangen, der als 
eifriger Anhänger dieser Annäherung bekannt ist. König Ferdinand hat 
1) Krassny Archiv Tom. VIII, S. 21. 
i36
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.