Volltext: Diplomatische Geheimakten aus russischen, montenegrinischen und sonstigen Archiven (Band II 1929)

Ich erwiderte Todoroff, daß ich mich beeilen werde, diese Mitteilungen zu 
Ihrer Kenntnis zu bringen, daß ich aber die Tatsache selbst der Verständi¬ 
gung mit Serbien nur gutheißen kann, jedoch mit dem be¬ 
sonderen Vorbehalt, daß diese Verständigung als das 
nächstlieg ende Ziel die Erhaltung des status quo auf 
dem Balkan habe. Ich beurteile das oben Angeführte folgender¬ 
maßen: Der König steht diesem Plane nicht ferne — vgl. die Mit¬ 
teilungen Fitschews1) an den französischen Gesandten —, ist aber noch 
zu keinem endgültigen Entschluß gelangt; das Kabinett ist aufrichtig 
dafür, und meine Argumente verfehlen nicht ihre Wirkung. Die Ver¬ 
ständigung Bulgariens mit Serbien enthält nur ein gefährliches Element 
— die Versuchung, sich ihrer zu einem Angriffe zu be¬ 
dienen. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, daß sich eine solche 
günstige Gelegenheit zur Beseitigung der so betrüblichen serbisch-bul¬ 
garischen Feindschaft, wie im jetzigen Augenblicke, vielleicht nicht 
wieder bieten wird. An uns ist es zu entscheiden, was für uns wün¬ 
schenswerter ist: Das Fehlen der dargelegten, übrigens nur mutmaßlichen 
Gefahr oder aber die Verständigung zwischen Serbien und Bulgarien, 
selbstverständlich unter der Garantie unseres Einflusses? Wenn die 
serbisch-bulgarische Verständigung wünschenswert erscheint, so ist es 
erforderlich, mir, ohne Zeit zu verlieren, die Bedingungen zu präzisieren, 
unter denen Rußland bereit ist, die Verständigung gutzuheißen und auf 
Grund welcher die vertragschließenden Teile auf unsere Unterstützung 
rechnen können. Ich halte es für meine Pflicht, vor falschen Gerüchten 
zu warnen. Es tauchen z. B. gegenwärtig in Serbien Nachrichten von 
einer gegen die serbischen Interessen gerichteten Verständigung zwischen 
Österreich und Bulgarien auf. Todoroff sagte mir, daß er aus zuver¬ 
lässiger Quelle wisse, daß diese Gerüchte nach Belgrad und an die 
hiesige serbische Mission von türkenfreundlich gesinnten Bulgaren ver¬ 
breitet werden. Nekljudow. 
Nr. 5a6. 
Der stellvertretende Minister des Äußern Neratow, 
Petersburg, an den russischen Gesandten Nekljudow 
in Sofia.2) 
St. Petersburg, den 
2i. September 
Oktober 
1911. 
Nr. i4oi. 
Ihr Telegramm Nr. 65 habe ich erhalten. Wird in Belgrad mitgeteilt. 
Wir bewillkommen aufrichtig Bulgarien und Serbien angesichts ihrer 
Bemühungen, zu einer gütlichen Abgrenzung ihrer Interessensphären 
1) Chef des bulgarischen Generalstabes. 
2) Krassny Archiv Tom. VIII, S. 24. 
i35
	        
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