sen habe, um aufrichtige und dauerhafte Beziehungen zwischen Bul¬
garien und Serbien herbeizuführen. Im Laufe der zahlreichen Unter¬
redungen, die ich nicht nur mit Mitgliedern der Regierung, sondern -auch
mit dem König selbst und verschiedenen Parteiführern gehabt habe,
habe ich alle diejenigen Beweisgründe vorgebracht, welche auf die Not¬
wendigkeit feiner Annäherung der beiden slawischen Staaten hinweisen.
Abgesehen von dieser, von mir persönlich ausgehenden Einwirkung, hat
auch der Ministerpräsident Malinow während seiner Anwesenheit in Pe¬
tersburg vom Außenminister selbst eine deutliche und erschöpfende Dar¬
legung unseres Standpunktes gehört. Alle diese Versuche haben jedoch
bis jetzt zu keinem praktischen Ergebnis geführt, und man kann mit
Sicherheit sagen, daß wir unter den gegenwärtigen Verhältnissen auch
jetzt keinen Erfolg in dieser Hinsicht werden erzielen können.
Man darf nicht vergessen, daß die Bulgaren praktisch veranlagte Leute
sind, und dem Ministerium wird es bekannt sein, daß der jetzige bul¬
garische Ministerpräsident sich in der Politik als einen Realisten be¬
zeichnet hat. Wenn man sich auf diesen Standpunkt stellt, so muß ein
Übereinkommen mit Serbien unnütz erscheinen: es kann Bulgarien nichts
geben, denn an und für sich vermag es nicht dazu beizutragen, Bulga¬
rien die Verwirklichung seiner nationalen Aspirationen zu erleichtern.
Dann muß man im Auge behalten, daß der bestimmende Faktor der bul¬
garischen auswärtigen Politik König Ferdinand ist, der sich vor allem
von persönlichen Erwägungen leiten läßt. Dieser Umstand hat die be¬
ständigen Schwankungen hervorgerufen, die sich in letzter Zeit ganz be¬
sonders deutlich in den bulgarisch-serbischen Beziehungen gezeigt haben.
Unter solchen Umständen wird es nötig sein, die Politik Bulgariens sozu¬
sagen zu kanalisieren, wobei wir natürlich darauf Bedacht haben müssen,
daß die Richtung, die wir der bulgarischen Politik zu geben suchen, im all¬
gemeinen der serbischen entspricht. Soviel ich weiß, haben sich die ser¬
bischen politischen Führer endgültig auf Rußlands Seite
gestellt und befinden sich folglich auch auf dem Wege einer Annähe¬
rung an Frankreich und England. Diese Formel müßte auch von Bulga¬
rien angenommen werden. Zu diesem Zwecke wird es nötig sein, letzteres
zu überzeugen, daß es, indem es diese Formel annimmt, sich damit auch
die restlose Verwirklichung des nationalen Ideals sichert. Unter solchen
Umständen wird es auch König Ferdinand schwer sein, von diesem Weg,e
abzuweichen, ohne befürchten zu müssen, daß ein solches Abweichen
als Verrat ausgelegt werden wird, für den er sich persönlich wird verant¬
worten müssen; und diese Furcht wird ihn zurückhalten. Seine ganze
frühere Haltung der mazedonischen Bewegung gegenüber ist der beste
Beweis dafür. Aber, um der Entwicklung der Dinge diese Richtung zu
geben, ist es notwendig, daß auch wir die von uns zu verfolgenden Ziele
genau umschreiben und die Mittel hierzu vorbereiten unter der Bedin¬
gung natürlich, daß unsere Politik, wie ich schon früher betont habe,
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