Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

und ökonomisch erschöpfen können. Auch in der Depesche teilte ich 
Ihnen mit, und auch hier schreibe ich es nieder: ich habe den Eindruck 
empfangen, daß der König unsere Haltung in den letzten Tagen gut¬ 
heißt; Sorge hat ihm einzig unser Rüsten bereitet, welches ihm zu um¬ 
fangreich scheint. Ich habe ihm erwidert, daß der größte Teil der 
Bestellungen noch im Winter des Jahres 1906 gemacht worden sei; 
daß es bekannt sei, was Österreich-Ungarn selbst unternommen hat, 
damit wir die Geschütze bei Skoda bestellen, und wenn wir noch etwas 
darüber hinaus bestellen, so geschah dies in Anbetracht der Ereignisse 
und des Umstandes, daß wir hinsichtlich der Ausrüstung im allgemeinen 
mehr zurückgeblieben waren, als es die Staatsinteressen und die Rü¬ 
stung all unserer Nachbarn gestattet hatte. Der König gibt dies zu 
und erwähnte die Rüstung Bulgariens, dessen Heer sich, wie er sagt, 
„sogar mit dem rumänischen Heere messen könne“... Ich erwähne 
noch, daß sich der König über die Bedeutung, welche das Blatt „Poli¬ 
tika“ bei uns besitzt und über dessen kriegerischen Ton besonders er¬ 
kundigt hat. Ich habe nur soviel erwidert, daß das Blatt keine einzige 
politische Gruppe representiert. In meiner Depesche habe ich besonders 
hervorgehoben, was mir der König beim Abschiede gesagt hat. Als ich 
einem Bekannten, mit dem ich intimer sprechen kann, mitgeteilt habe, 
daß sich der König dahin äußerte, daß wir seiner Sympathie 
Glauben schenken können, und daß er uns wünsche, aus 
dieser Situation mit Erfolg und Ehre herauszugelangen, 
— hat sich dieser mein Bekannter, dem die Verschlossenheit des Königs 
sehr gut bekannt ist, darüber gewundert. 
Sowohl diese Worte des Königs, als auch der Zeitpunkt und die un¬ 
gewöhnliche Raschheit der Audienzbewilligung gerade an jenem Tage, 
als hier die Ministerkrise entschieden wurde, aber auch die Dauer der 
Audienz selbst haben wieder auf mich den Eindruck gemacht, daß meine 
frühere Anschauung darüber, aus welchem Grunde der König um die 
Lage am Balkan besorgt ist, zutreffend ist. 
Herr Kalindero teilte mir mit, der Fürst von Bulgarien sei — als er 
sich letzthin bei der Durchreise hier aufgehalten habe — wegen der Hal¬ 
tung Aehrenthals Bulgarien gegenüber „wütend“ gewesen und habe König 
Karol nichts über che Haltung Rußlands in der heutigen Krise zu sagen 
gewußt. „Entweder hat er in Petersburg nichts gehört oder hat er mög¬ 
licherweise dem König nichts sagen wollen,“ meint Herr Kalindero. 
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