Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

gefragt worden zu sein, daß es keine diesbezügliche österreichisch¬ 
italienische Verständigung gebe, und daß diese Gerüchte nur zu dem 
Zwecke verbreitet werden, um bei uns und bei den Griechen Mißtrauen 
gegen diese beiden Mächte zu säen, sowie gegen eine Schaffung des 
albanischen Staates überhaupt. Wahrscheinlich würde eine Bindung 
Österreichs schon jetzt den Italienern ganz gut passen, obgleich der 
italienische Botschafter diesen Nachrichten keinen Glauben schenkt und 
sie im Gespräche mit Deutschen energisch dementiert. 
Auch der englische und der französische Botschafter haben darüber 
von ihren Regierungen gar keine Nachrichten erhalten. Herr Cambon 
glaubt nicht an die Möglichkeit eines solchen Übereinkommens und 
meint, daß diese Nachrichten wahrscheinlich in besonderer Absicht 
aus Rußland verbreitet werden. 
So stehen augenblicklich die Dinge in dieser Angelegenheit. Sobald 
ich noch etwas darüber erfahre, werde ich Sie sofort verständigen. 
Nr. 4oi. 
Der serbische Geschäftsträger Boghitschewitsch, Ber¬ 
lin, an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Pov. br. 21\. 
Berlin, den 
26. Januar 
8. Februar 
I 9 1 i- 
Der Fürst Wied bereitet sich ernstlich vor, im Laufe des Monats 
Februar die Reise nach Albanien anzutreten. Vor seiner Reise nach 
Rom hat er in Berlin alle Botschafter besucht und sich mit ihnen aus¬ 
führlich über die Lage in Albanien besprochen. 
Die Vertreter des Dreiverbandes haben ihm geraten, sich möglichst 
gut mit Griechenland und Serbien zu stellen, denn nur so könne er die 
Selbständigkeit Albaniens sichern, sowohl Österreich als auch Italien 
gegenüber. 
Vor einigen Tagen traf ich den Fürsten beim österreichischen Bot¬ 
schafter. Nachdem er fort war, sagte mir Graf Szögenyi, daß er auf 
ihn den Eindruck eines anständigen und persönlich entschlossenen Man¬ 
nes mache, der alles zu tun bereit ist, um seine Pflicht zu erfüllen. 
Ob er dies freilich imstande sein wird, das muß erst die Zukunft 
lehren. Die Schwierigkeiten, die ihm bevorstehen, sind sehr groß. 
Er kommt in ein ganz neues Milieu, er hat niemanden um sich, der 
ihn gut beraten kann und darum wird er genötigt sein, sich, sei es 
Essad Pascha oder einer anderen einflußreichen Persönlichkeit, anzu¬ 
vertrauen. Und diese werden es sicherlich versuchen, ihn unmöglich zu 
machen. Zu dem allen verfügt er nicht über genügende militärische 
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