Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

sein; damit das in Rede stehende Gebiet ein Pfand bleiben könne, dürfe 
Serbien jene, die sich als Bulgaren bekennen, nicht dazu zwingen, sich 
Serben zu nennen; man müsse vielmehr jenen gegenüber tolerant sein, 
Ansonsten würden diese nach einer gewissen Zeit Serben werden und 
was sollte dann Bulgarien diese serbische Provinz nützen? Später, 
wenn der Moment zur Verwirklichung der serbischen und bulgarischen, 
Ideale eintritt, werde Bulgarien für den Preis der Abtretung gewisser 
Gebiete — z. B. jener links des Wardars — Serbien bei der Realisie¬ 
rung seines Ideals behilflich sein. — Ratko Dimitrijeff hat während 
der Unterredung mehrere Male seiner Meinung Ausdruck gegeben, daß 
wir in den Griechen keine wahren Freunde finden könnten und mit 
ihnen früher oder später in Konflikt geraten werden. Ihr, meint er, 
müßt mit uns halten und dann werdet ihr auch Saloniki erhal¬ 
ten, welches wir euch gerne überlassen. Dann hättet ihr auch 
euren Ausgang zur See und nicht jenen problematischen Ausgang zur 
Adria. — Wie er behauptet, habe er König Ferdinand gesagt, er über¬ 
nehme die Gesandtschaft in St. Petersburg nur unter der Bedingung, daß 
er hier auch slawische Politik mache. Was die heutige Regierung be¬ 
trifft, betrachte er sie nicht für eine solche Frage für gewachsen, doch 
sei sie nur von kurzer Dauer. In Bälde werde sich Gelegenheit ergeben, 
daß Malinow wieder die Macht übernehme. Zudem sei Malinow nicht 
mehr jener, der er während der Annexion Bosniens und der Herzego¬ 
wina war; er meint, Malinow habe seine Ideen geändert und betrachte 
heute die Dinge anders. — Nachdem ich hier nur mehr einige Tage 
verbleibe, ließ ich mich mit Ratko Dimitrijeff in keine ausführlichere 
Diskussion ein und überlasse es Ihnen, meinem Nachfolger Instruk¬ 
tionen zu geben, falls Sie überhaupt auf die Gedanken des Generals zu 
reagieren wünschen. Ich habe mich nur auf die Replik bezüglich jener 
Punkte, welche eine solche erforderten, beschränkt. Ich sagte dem Ge¬ 
neral, ich werde seine Ideen überlegen; er bat mich, Ihnen über diese 
persönlich zu berichten. Er wiederholte mir, dies seien seine persön¬ 
lichen Ansichten, aber er könne, falls es erforderlich wäre, die Er¬ 
mächtigung seiner Regierung verlangen, um darüber bestimmter spre¬ 
chen zu können. 
P. S.: Der bulgarische Gesandte hat sich, als er von der Abtretung 
des linken Wardarufers an Bulgarien sprach, nicht in bestimmter Form 
geäußert. Er sagte nur, daß Kotschana, Schtip und Welesch rein bul¬ 
garische Zentren seien. Hinsichtlich des in griechischen Händen befind¬ 
lichen Teiles Mazedoniens verlangt er Seres und Drama. Im allge¬ 
meinen äußerte er sich in unbestimmter Form, indem er hinzufügte, 
dabei an die „vernünftigen Aspirationen in Mazedonien und nicht auf 
die Prätensionen der bulgarischen Chauvinisten“ gedacht zu haben. 
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