Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

digt. Ich gebe das zu, aber ihr Serben dürft nicht außer acht 
lassen, daß man auch hierin das Maximum des Möglichen 
erreicht hat. 
Über das serbisch-bulgarische Verhältnis sagt er u. a.: „Wenn euch 
jemand sagt — und ich glaube schon, daß es solche Leute gibt —, daß 
wir die Bulgaren mehr begünstigen als euch, dann glaubt es nicht. Frei¬ 
lich habe ich in letzter Zeit mit Sasonow darüber nicht besonders ge¬ 
sprochen, aber ich kann euch versichern, daß auch er so denkt.“ Als 
ich das Gespräch auf die Teilung des strittigen Territoriums brachte, 
antwortete er im allgemeinen: Ich möchte wünschen, daß ihr euch unter¬ 
einander einigt, am besten ohne jede Vermittlung; das wäre die beste 
Lösung. Sollte dies aber unmöglich sein, so wird Rußland bei aller 
Empfindlichkeit (delikatnost) und Schwierigkeit der Rolle, die es als 
Schiedsrichter übernommen hat, sich nicht weigern, zu vermitteln, wenn 
sowohl Serbien als Bulgarien es verlangen, jedoch einzig und allein unter 
der Bedingung, daß beide Teile im voraus übereinstimmend erklären, 
vorbehaltlos unsere Entscheidung anzunehmen, ebenso wie es in der 
rumänisch-bulgarischen Differenz der Fall war, und daß auch nach 
unserer Entscheidung der Balkanbund in Kraft bleibt. 
Sonst aber nicht. 
Kokowzew erwähnte noch besonders die Worte, die Daneff an ihn 
gerichtet hatte: „Wir wünschen, daß Rußland den Streit schlichte, aber 
wir können keineswegs zugeben, daß usw.“ Kokowzew antwortete ihm 
darauf: „Warum wendet ihr euch dann an uns?“ Sodann äußerte Ko¬ 
kowzew abermals den Wunsch und sein besonderes Interesse an der 
Erhaltung des Balkanbundes. Auf meine Bemerkung, dies hänge nicht 
bloß von uns ab, und auf meine Anspielung auf die inkorrekte Hal¬ 
tung Bulgariens sogar zur Zeit, als die Kriegsoperationen noch im 
Gange waren, auf die Reise Daneffs nach Paris, auf seinen Abstecher 
nach Wien und Berlin vor seiner Reise zur Friedenskonferenz, ohne 
sich in Paris aufzuhalten, erwiderte Kokowzew: „Ihr habt ganz recht, 
auch wir wissen das.“ Sehr erregt sprach er von Her dem Zaren durch 
König Nicolaus zugefügten Kränkung, die ihm jedoch der Zar, wenn 
sich der König in Zukunft korrekt verhalten wird, großmütig verzeihen 
werde1). 
Nach meiner ausführlich dokumentierten Darstellung unserer Lage 
bezüglich der serbisch-bulgarischen strittigen Punkte, Ausführungen, die 
Herr Kokowzew mit großer Aufmerksamkeit und Interesse anhörte, bat 
er mich, darüber ein konzises Memoire für ihn zu verfassen, mit einer 
besonderen Karte, auf der die von uns gewünschten Grenzen eingetragen 
wären. Ich habe ihm dies versprochen und wenn Sie glauben, daß es 
sich empfiehlt, auch den Standpunkt unserer Regierung darin aufzu¬ 
nehmen, so bitte ich Sie um eine diesbezügliche Instruktion. 
*) Nur damit der Balkanbund erhalten bleibe. 
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