Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

3. In Bulgarien bildet sich eine starke mazedonische ¡Strömung, 
welche für die Autonomie Mazedoniens und Altserbiens sei. 
4. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Österreich-Ungarn Montenegro 
nötigt, Prizren für sich zu verlangen, und daß Österreich-Ungarn tat¬ 
sächlich sich bemüht, daß es Montenegro erhalte. 
5. Ein Krieg, den Österreich jetzt herausfordern würde, brächte ihm 
selbst nur die Gegnerschaft Rußlands und die Verbündeten des einen 
und anderen Teiles blieben beiseite*). 
Ich bringe Ihnen diese Punkte zur Kenntnis, weil Sie mit Miljukow 
jedenfalls noch eine längere Unterredung haben werden, und Sie können 
dann noch darüber von ihm eine detaillierte Auskunft verlangen. — Mil¬ 
jukow hat mir vertraulich den Wunsch mitgeteilt, in Saloniki unseren 
Thronfolger sehen zu können, dem er über die mit König Ferdinand ge¬ 
führte Unterredung einige Mitteilungen zu machen habe. Ich habe dem 
Thronfolger von diesem Wunsche Mitteilung gemacht, welchem anlä߬ 
lich der Durchreise des Thronfolgers nach Monastir stattgegeben wer¬ 
den kann. 
Nr. 2 65. 
Der serbische Gesandte Gawrilowitsch, Cetinje, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Streng vertraulich! Cetinje, den 9722. Januar igiS. 
Als ich gestern mit dem König wegen des Memorandums der monte¬ 
negrinischen Delegierten in London sprach, tat er so, als ob er sich über 
dies alles wundern würde. Zwei- oder dreimal sagte er: „Ich verstehe 
nicht, verstehe nicht“, und ich mußte ihm die Sache erklären und un¬ 
seren Standpunkt klarmachen, bis er scheinbar kapierte, wovon die Rede 
war, worauf er mir folgendes sagte: „Ich habe den Delegierten auf¬ 
getragen, die in Frage kommenden Städte von dem autonomen Albanien 
wegzunehmen. Dies bezieht sich aber bloß auf Albanien, keineswegs 
aber auf die Abgrenzung zwischen Serbien und Montenegro. Darüber 
werden wir erst zur Zeit unserer Besprechungen in Verhandlung treten. 
Gott behüte! Wer kann denn so etwas denken! Als ob ich Separatismus 
wünschte und irgend etwas auf eigene Faust täte! Bitte telegraphieren 
Sie doch sofort nach Belgrad, daß Sie von der Aufrichtigkeit meiner 
Mitteilung überzeugt sind, und ich gebe Ihnen meine Hand darauf, daß 
es wahr ist.“ Darauf rief der König noch einige Male Gott zum Zeugen 
für die Reinheit seiner Absichten an. 
Ich antwortete, daß ich dies nach Belgrad telegraphieren werde, bat 
!) Diese Ansicht trifft nicht zu. Vgl. „Kriegsursachen“ S. 54 ff • 
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