Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

jetzt rechftertigt man mit dem Hinweis auf diese Demonstrationen die 
Notwendigkeit der Annexion. Und käme es zu einem Krieg zwischen Ser¬ 
bien und Österreich-Ungarn, so würde dies eine Sache Serbiens sein, die 
Serbien sogar später nach dessen Beendigung schwere Verpflichtungen 
auf laden würde. Deshalb empfiehlt uns Fürst Urusoff die größte Vor¬ 
sicht und Vermeidung jeder Provokation. Bei seinem letzten Besuch bei 
Baron Aehrenthal hat er ihn sehr gereizt gegen Serbien und fast gegen 
alle gefunden. 
Bezüglich der Kompensation, die wir in unserer Protestnote für den 
Fall verlangen, als die Annexion auch von Europa sanktioniert würde, 
sieht Urusoff nicht, worin dieselbe bestehen könnte. Nach seiner Ansicht 
kann der Verzicht Österreich-Ungarns auf den Sandschak für uns eine 
genügende Entschädigung für die Annexion Bosniens und der Herze¬ 
gowina sein, denn er eröffnet für die Zukunft eine Aussicht auf eine 
eventuelle Vergrößerung Serbiens in dieser Richtung und entfernt die 
Befürchtung eines weiteren Fortschreitend Österreichs nach Süden. Auch 
sieht Fürst Urusoff nicht, welche Kompensationen man der Türkei für 
den endgültigen Verzicht auf Bosnien und die Herzegowina und für die 
Proklamation der Unabhängigkeit Bulgariens geben könnte/' 
Nr. 12. 
Der serbische Geschäftsträger Gruitsch, London, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
T1 T i -j 2 q. September n 
Ielegramm: London, den — - 1908. 
12. Oktober 
Ich habe Ihr gestriges Telegramm erhalten und habe Ihr Kommen 
und den Zweck Ihres Kommens mitgeteilt1). Er* 2) nahm es zur Kenntnis 
und frug, wann Sie kommen würden. Ich erwähnte im Sinne Ihres 
Telegramms auch die Grenzrektifikation. Hardinge nahm eine Landkarte 
zur Hand, betrachtete sie aufmerksam und zog selbst die Grenze: eine 
Landzunge zwischen derDrina, Tara bis Montenegro und dem Sandschak- 
Novi-Bazar. Das alles privatim. Offiziell aber sagte er, die Frage der 
Territorialkompensation kann noch nicht in Betracht gezogen werden, 
denn die Einberufung einer Konferenz ist ungewiß, weil Österreich-Un¬ 
garn noch nicht zustimmt. Er glaubt, es werde längerer Zeit zur Ver¬ 
ständigung über die Möglichkeit einer Konferenz und ihres Programms 
bedürfen. Er hält diese Hinziehung für eine gute Sache. 
^ Bezieht sich auf die Reise des Ministers des Äußern, Milowanowitsch in Spezial- 
mission nach London. 
2) Hardinge.
	        
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