Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

Erhebung zum Königtum angeführten Beweggründe erschienen mir 
nicht aufrichtig und sind noch weniger im allgemeinen Interesse des 
Serbentums gelegen. Auch entspreche eine solche Handlungsweise sei¬ 
tens des amtlichen Montenegro nicht den Absichten und Wünschen der 
russischen Regierung, welche auf die gegenseitige Annäherung und Ver¬ 
ständigung der beiden serbischen Staaten hinarbeite. Ich bin mit Herrn 
Sasonow schon seit langem genügend gut bekannt, um mit ihm nicht 
in der Eigenschaft als Gesandter, sondern auch persönlich und ganz 
vertraulich sprechen zu können. 
Aber eine Sache, über welche ich bereits in meinem Privatschreiben 
an Herrn Milowanowitsch berichtet habe, macht hier einen schlechten 
Eindruck. Es ist die Schreibweise unserer Zeitungen über König Niko¬ 
laus, über welche sich Herr Sasonow dahin äußerte, daß damit nur 
nolens volens die österreichisch-ungarische Politik unterstützt werde. 
Die öffentliche Meinung und das Volk, ja selbst die offiziellen Kreise, 
dringen nicht tiefer in die Sache und prüfen nicht, inwieweit die Er¬ 
klärungen des offiziellen Montenegro auch stichhältig sind. Jene ha¬ 
ben einesteils den von König Nikita auf den Kronprinzen Alexander1 11) 
(welcher auch Herrn Sasonow gefällt) ausgebrachten Toast, wonach 
keine Gewalt ihn und König Peter — Serbien und Montenegro — ent¬ 
zweien könne, vor Augen, andererseits bedauere man aber die Schreib¬ 
weise unserer Blätter, und die Sache stehe dann zu unseren Ungunsten. 
Die Wiener Presse ihrerseits reproduziere keine Artikel des „Cetinski 
Wjesnik“, wie sie es mit Artikeln unserer Zeitungen tue. — Auch bei 
anderen Gelegenheiten machen Äußerungen unserer Presse und des 
Publikums einen ungünstigen Eindruck, so war es z. B. mit der Mani¬ 
festation anläßlich der Ermordung des Wojwoden Gligor Sokolo- 
witsch der Fall. Mußten die Verdienste Gligors von jenem unernsten 
theatralischen Beiwerke begleitet sein, in dem die Welt nur Schwäche 
und Mangel an Ernst erblickt? 
Nr. i38. 
Der serbische Gesandte Wesnitsch, Paris, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Paris, den 
18. September 
i. Oktober 
1910. 
In bezug auf meinen Bericht, Pov. br. i43, vom 11. d. M., beehre 
ich mich, Ihnen mitzuteilen, daß an die Stelle Nelidows Herr Iswolski 
hierherkommen wird. In den hiesigen amtlichen Kreisen herrscht keine 
1) Anläßlich seiner Anwesenheit bei den Jubiläumsfeierlichkeiten in Cetinje. 
161 
11 Boghitschewitsch, Serbien.
	        
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