Volltext: Geheimakten aus serbischen Archiven (Band I ; 1928)

möge nur jenen Blättern antworten, die derart schreiben und man möge 
das offizielle Serbien endlich einmal in Ruhe lassen und es nicht 
fortwährend mit jedem Zeitungsartikel in Zusammenhang bringen. — 
Dies führe ich Ihnen zur Charakteristik der Stimmung an, die auch 
im gegenwärtigen Augenblicke uns gegenüber herrscht. Eitle Über¬ 
hebung hat hier die Geister schon jetzt in einem solchen Maße er¬ 
griffen, daß ich mich frage, wie wird das erst nach der Proklamierung 
des Königtums werden. 
Nr. 137. 
Der serbische Gesandte Popowitsch, Petersburg, 
an das Ministerium des Äußern in Belgrad. 
Persönlich! 
Streng vertraulich! 
Petersburg, den 
24. August 
5. September 
I9I°- 
Verschiedene Anzeichen sprechen dafür, daß die Ernennung des 
montenegrinischen Königs Nikolaus zum Feldmarschall des russischen 
Heeres und die sonstigen ihm hier zuteil gewordenen Ehrungen unmit¬ 
telbar vom Hofe ausgegangen sind; ja es hat sogar den Anschein, daß 
bis zum letzten Augenblicke die zuständigen Stellen von seiner Ernen¬ 
nung zum Feldmarschall keine Kenntnis hatten. 
Übrigens kann man auch ohne diese Anzeichen zu dieser Erkennt¬ 
nis gelangen, und zwar schon aus der Haltung Iswolskis und Sa- 
sonows, die die Erhebung Montenegros zum Königreich nicht billigen. 
Was mir darüber Herr Iswolski bereits vor drei Monaten gesagt hat, 
habe ich seinerzeit dem Ministerium berichtet. (Streng vertraulicher 
Bericht vom 2 4- Mai/6. Juni 1910 Pov. br. i4o.) Und auch Herr Saso- 
now hat erst vor kurzem über diese Absicht des Königs in ebensolcher 
mißbilligender Weise gesprochen und wörtlich gesagt: „Solch ein klei¬ 
nes Königreich kann nur irgendwo in Afrika existieren.“ Demgemäß 
konnte also die russische Regierung diese Ernennung nicht in Vor¬ 
schlag gebracht haben, aber sie war auch nicht in der Lage, die 
Ausführung derselben zu verhindern. 
Da ich aus Belgrad über diese Frage keinerlei Instruktionen erhalten 
hatte, so verhielt ich mich diesbezüglich reserviert. Als jedoch einmal 
die Rede darauf kam, und dies mußte bei meinen Unterredungen mit 
Herrn Sasonow unwillkürlich geschehen — Herr Iswolski befindet sich 
bekanntlich seit einem Monat auf Urlaub — erklärte ich ihm ganz ver¬ 
traulich, daß die Existenz zweier serbischer Königreiche nach meinem 
persönlichen Dafürhalten für das ohnehin schon so zersplitterte Ser- 
bentum von größtem Schaden sei. Die montenegrinischerseits für die 
160
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.