Volltext: Gerhoch von Reichersberg

68 
wärtsdrängen feine junge, vielversprechende Kraft und 
verletzt seine müden oder lauern Weggenossen, weil 
er noch nicht den reisen und tiefen Lebensblick und des 
halb auch nicht das gütige Verstehen und Ertragen 
anders Gearteter besitzt. 
In Raitenbuch gibt sich Gerhoch der Einsam 
keit, dem Gebet, der Lesung geistlicher Bücher mit 
ganzer Seele hin, gleichsam die Regel St. Augustins, 
die ihm als Ideal vorschwebt, in sich erprobend und 
auslebend; eine Romreise Gerhochs bewirkt, daß 
der Papst sein Kloster zur Befolgung dieser Regel ver 
bindlich macht. Gerhoch trägt aber die Erfüllung 
dieses Herzenswnnsches den Haß und die Verfolgung 
derjenigen Religiösen -ein, die sich der neuen Regel 
nicht fügen wollten. Der Unruhvolle, schmerzlich Ent 
täuschte. aufs neue heimatlos Gewordene bedarf eines 
lebenserprobten, klaren, frommen Mannes, eines 
Freundes, den er in Bischof Chuno von Regens 
burg (seit Mai 1126) findet. 
Mit Wehmut gedenkt Gerhoch dieses Mannes „von 
bewundernswerter Heiligkeit, wohl unterrichtet in ehr 
würdiger Wissenschaft, und was mehr ist, einer Leuchte 
mönchischen Lebens." Chuno stammte aus dem edeln 
Geschlecht der Falkensteiner. 
Bei ihm weiß sich Gerhoch in seiner jetzigen See 
lenverfassung wohlgeborgen. Welch ein Gegensatz zum 
Augsburger Bischof! Dort der verweltlichte Kirchen 
fürst, in stete äußere und innere Kämpfe verwickelt, 
hier der strenge, abgeklärte Mönch, „ane golt unt ane 
getraue (Edelstein) unt ane soazzes gewinne." (Kai- 
serchrouik, 464, 25/26.) 
Ueber seinen Einzug in Regensburg schreibt sein 
Freund: „Da sah man dich ziehen! mit einfachen Lamm 
fellen bekleidet, bedeckt mit dem schwarzen Chormantel, 
begleitet von der Schar edler geistlicher und weltlicher 
Herren, welche geschmückt waren mit särbigen Kleidern 
und ausländischem Pelzwerk, doch darin weise, daß sie 
einen Bischof wie dich wählten, einen Verächter der 
Eitelkeit, geziert mit Tugend, der über der bischöf 
lichen Würde den Mönch und dessen Sitte nicht ver 
gaß." (Rupert von Deutz, 12, 638.) 
Er findet für Gerhoch, den Grübler und Zweifler 
und Sucher, das rechte Wort aus seiner eigenen Le 
benserfahrung, wenn dieser sich selbst quält: „Ich nenne 
mich selbst eine unreife Frucht und den geringsten unter 
den Christen, weil ich die Kirche Gottes nach dem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.