Volltext: Festschrift zur 700 Jahr-Feier des Marktes Ottensheim a/Donau

lief) gelangte das Recht doch wieder an die Herrschaft Ottensheim 
zurück. Der kaiserliche Kanzler Niklas Rabenhaupt aus Suche (bei 
Budweis in Südböhmen), dem die Herrschaft Ottensheim zuerst als 
Lehen und seit 1527 als Privateigentum gehörte, trat als Besitzer der 
Überfuhr auf. 
Ebensowenig wie bei der Ottensheimer Überfuhr läßt sich auch 
bei dem Wilheringer halben Urfahr für jede beliebige Zeit ein ge¬ 
schichtlicher Rachweis führen. Aber so oft von diesem Urfahr die Rede 
ist, heißt es: das Urfahr oder die Fergen der Herren von Wilhering: 
Wilhering besaß also trotz scheinbarer Rückkäufe jederzeit das Ober¬ 
eigentum. Das Recht der Überfuhr übte aber das Kloster nicht durch 
eigene Angestellte aus, sondern verlieh es samt anliegendem Haus und 
Grund an irgend jemanden. Einer dieser „Berig", gesessen an dem 
Urfar der Herren von Wilhering, Ottensheim gegenüber", wird 1416 
genannt, nämlich Heinzl, Sohn des Allen Mager. Er verkaufte an 
Wilhering ein Fischereirecht zu Rudelftorf an der Traun. Derselbe Heinz! 
und seine Hausfrau Agnes hatten irgend eine Schuld an das Kloster 
zu zahlen. Als Unterpfand versetzten sie dem Stifte das Kaufrecht auf 
ihr Haus in Ottensheim und auf das in Urfahr. Das Wort Kaufrecht 
kann einen rechtlich erkauften Besitz bedeuten, wie in diesem Fall das 
Haus zu Ottensheim oder den verkäuflichen Rutzungswert an einem 
Gut, z. B. an der Ueberfuhr. Wenngleich nämlich das Kloster die 
Bauernhäuser oder das Ueberfuhrrecht an jemanden verlieh, so blieb 
doch das eigentliche Obereigentum oder Befitzrecht dem Kloster vorbe¬ 
halten. Rur mit Einwilligung des Klosters, der Obrigkeit, konnte das 
Gut verkauft werden: ja sogar die eigene Grundherrschaft konnte es 
wieder zurückkaufen. Gewöhnlich ging das Gut mit Zustimmung der 
Herrschaft auf den Sohn und Enkel des früheren Inhabers über, so 
daß die Leute schließlich glaubten, das Gut sei erblich, und zwar auch 
für weibliche Hinterbliebene. Aber wenigstens beim Ueberfuhrrecht 
juchte Wilhering eine solche weitgehende Erblichkeit zu verhindern, denn 
sonst wäre das Recht nach und nach überhaupt verloren gegangen. 
Wenn keine männlichen Nachkommen vorhanden waren, forderte des¬ 
halb Wilhering das Ueberfuhrrecht zurück, um es neuerdings jemand 
anderem geben zu können. Rach diesen Grundsätzen ist der folgend 
beschriebene Prozeß aufzufassen: 
Am 8. Jänner des Jahres 1419 wurde zu Wilhering ein Taiding, 
eines der alten Bolksgerichte, abgehalten. Vorsitzender war Chunrad, 
der Hofrichter und Amtmann des Klosters. An dem Gerichtstische saßen 
gleichsam als Schöffen der oberösterreichische. Landrichter Ehunrad 
Walich, Simon Espein vom Schlosse Lichtenhag bei Gramasieffen, die 
Pfleger von Wallfee, Eschlberg, Kürnberg und Schloß Ottensheim, 
ferner Hans Sengenwein von Walbing und Hans Ehreßling von Ruef- 
iing. Bor bieses Gericht trat nun Frau Anna, Tochter bes verstorbenen 
Meinblein Berig (Fergen) mit ihrem Rechtsvertreter (Borsprech) 
Wernharb von St. Peter unb verlangte bas halbe Urfahr gegenüber 
Ottensheim als väterliches Erbteil. Ebenso trat Margaret, Witwe bes 
Meinblein (unb wahrscheinlich Stiefmutter ber vorgenannten Frau 
Anna), mit ihrem Wortführer auf unb behauptete, ihr Ehewirt hätte 
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